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Das Ende von Stargate

Mitten in der zweiten Staffel gab SyFy bekannt, sich auch von seiner letzten Science-Fiction-Serie zu trennen. Die letzte Folge von „Stargate Universe“ lief in den USA am 9. Mai 2011 und heute, am 8. Juni 2011, läuft sie gerade im deutschen Free-TV. Damit ist die letzte große Space-Opera-TV-Serie dahin geschieden. Und daran war nur das Wrestling Schuld, oder?

Es ist tatsächlich 17 Jahre her, als 1994 mit Roland Emmerichs Film „Stargate“ ein neues Science-Fiction-Franchise in den Kinos startete. Gut, damals ahnte man das freilich noch nicht. James Spader und Kurt Russell traten einfach in einen actionreichen und bunten Sci-Fi-Flick auf, alle hatten ihren Spaß.

Erst fünf Jahre später (1999) kam mit „Stargate Kommando SG-1“ die Spin-Off-Serie auf unsere Mattscheiben. Die Ablegerserie war zunächst weit weniger ernst, und ziemlich bunter, hatte aber immer einen militaristischen Unterton und sie hatte MacGyver in der Hauptrolle. Es gab nun auch einen obligatorischen Alien im Team, der komische Kommentare über das absurde Leben der Menschen machen konnte. Und es entwickelte sich sogar ein langlebiger Metaplot über ein außerirdisches Volk von Parasiten, das die Menschen versklavte und sich als meist ägyptische Götter identifizierte und dem ein Volk von asgardischen Göttern gegenüberstand. Ab der dritten Staffel gab es für alle Fans von Legos einen neuen Gegner bestehend aus Puzzle-Robotern. Und später gab es sogar transzendente Esoterik-Bewegungen in der Serie. Kurz: sie machte einfach Spaß.

Die Serie war auch in den USA zunächst ein Erfolg. Dort startete 1997 der Sender Showtime die Serie mit zunächst zwei Staffeln. Die Pilotepisode hatte auf dem Pay-TV-Kanal die höchsten Einschaltquoten seit Sendebeginn und lag auch danach lange über dem Senderschnitt. Auf einem traditionellen Network in den USA hätte die Serie dennoch keinen Erfolg gehabt, aber es reichte im Pay-TV dafür, drei weitere Staffeln von der Produktionsfirma MGM zu ordern. Dennoch: die Serie war zu teuer für den noch kleinen Pay-TV-Sender allein, daher wurde sie bereits sechs Monate später in den Syndication-Markt gegeben und konnte so auch im Free-TV nur relativ kurz später gesehen werden. Ebenfalls kaufte der Kabel-Sender SciFi die Serie für sein Portfolio und wiederholte sie ständig. Dies war dann aber auch der Grund für Showtime, die Serie nach insgesamt fünf Staffeln abzusetzen, denn sie generierte keine neuen Pay-TV-Kunden mehr.

In die Lücke preschte SciFi. Der Nischen-Kabelsender hatte sich in den USA mittlerweile etabliert und man merkte dort, dass Kabelsender allein durch das ständige Abnudeln von alten Serien nicht bestehen konnten. Sie brauchten frische Ware. Mit einem reduzierten Budget konnten sie für ihren „SciFi-Friday“ die neue Ware an den Mann bringen und sie war eine ideale Ergänzung zu ihrer Serie „Farscape“, die dort bisher lief. In letzter Minute wurde die Serie dann auch nach Staffel 6 verlängert. Und wieder verlängert.

Mit der siebten Staffel war die Serie auf ihrem Zenit angekommen. Bei „Star Trek“ hatte keine der zahlreichen Serien längr als sieben Staffeln gehalten. Es wurde also Zeit für MGM, sich um ein Franchise Gedanken zu machen. Und so wurde das Spin-Off „Stargate: Atlantis“ geboren und dem Sender angeboten. Frische neue Geschichten, neue Schauspieler und vor allem ein neuer Handlungsschauplatz mit neuen Gegnern sollten die Serie schmackhaft machen. SciFi kaufte das Konzept, ließ das alte aber noch erstmal weiterlaufen, so dass ab sofort zwei Serien parallel liefen und den SciFi-Friday immer mehr Gewicht gaben. „SG-1“ sollte seine Storyline mit der achten Staffel offiziell beenden.

So kam es aber nicht. Trotz der Tatsache, dass das Hauptzugpferd Richard Dean Anderson die Serie verließ, gab der Sender noch zwei weitere Staffeln in Auftrag. Neue Schauspieler wurden verpflichtet (ironischerweise kamen beide von „Farscape“, die Serie, die SciFi vorher noch zu Gunsten von „SG-1“ abgesetzt hatte) und ein neuer Handlungsbogen wurde skizziert. Quotentechnisch war immer noch alles im grünen Bereich, der SciFi-Friday lief immer noch stark und bekam sogar mit „Battlestar Galactica“ eine weitere erfolgreiche Science-Fiction-Serie dazu.

Staffel 10 war dann doch die letzte von „Stargate SG-1“. Wenige Tage nach der 200. Folge gab der Sender die Absetzung bekannt. SciFi wollte damals noch die Schauspieler in die Ablegerserie „Atlantis“ migrieren, doch MGM plante langfristiger und wollte die Serie entweder auf einem anderen Sender oder in Form einer Mini-Serie fortführen. Stattdessen wurden zwei Filme direkt auf dem DVD-Markt geworfen. „Stargate: The Ark of Truth“ und „Stargate: Continuum“ erschienen 2008. Ihnen war nur mäßigen Erfolg beschieden. Ein dritter Film erschien nie. Und die Schauspieler aus der Hauptserie waren größtenteils erstmal arbeitslos. Lediglich Amanda Tapping, die in ihrem Vertrag bereits für eine weitere Staffel unterschrieben hatte, musste untergebracht werden und übernahm in „Atlantis“ eine neue Führungsrolle.

„Stargate: Atlantis“ bekam noch zwei weitere Staffeln (insgesamt fünf). Die Ableger-Serie tat sich insgesamt schwerer, was besonders beim Casting auffällig wurde. Hauptcharaktere wurden regelmäßig ausgetauscht (und im Falle von „Doctor Carson Beckett“ sogar erst ausgebaut und dann wieder eingeführt). Amanda Tapping übernahm für nur eine Staffel die Leitung der Expedition um dann in der nächsten Staffel von Robert Picardo (aus „Star Trek Voyager“) ersetzt zu werden. Sie hatte auch das Problem, dass sie mehrfach Kunstgriffe in der Geschichte vornehmen musste, um nicht mit der Storyline von „SG-1“ zusammen zu stoßen. Zwar hatten die Autoren bereits am Anfang die Serie in eine Galaxie verlegt und zudem festgelegt, dass es keine Möglichkeit gab, sich mit der Erde (und damit mit der Mutterserie) auszutauschen, standen dadurch aber wieder vor neuen Problemen, die sie mit allerhand Technobabbel versuchten zu kaschieren.

Aber auch in den Quoten befand sich „Atlantis“ durchgängig nur auf einen absteigenden Ast in den USA. Wurde die erste Staffel noch von durchschnittlich 3.0 Millionen Amerikanern gesehen, waren es bei Staffel Vier nur noch 1.8 Millionen. Der SciFi-Channel hatte die Ausstrahlung mittlerweile aufgebrochen und die zwanzig Episoden je Staffeln in zwei Zehner-Blöcke zerteilt. Zwar wollte er mit der Platzierung des zweiten Block eigentlich mehr Zuschauer über das Jahr verteilt erreichen, hatte er doch damit das Gegenteil erreicht. Durch die internationale Ausstrahlung war der zweite Block meist in Kanada oder in Großbritannien bereits gezeigt wurden, und der Hardcore-Fan hatte sich bereits auf diesen Märkten mit Raubkopien versorgt.

Die fünfte Staffel von Atlantis wurde dann die letzte und sollte laut Ankündigung von MGM auch mit einem zweistündigen DVD-Film gekrönt werden, der, bei entsprechender Resonanz der Fans durchaus Fortsetzungen bekommen könnte. Was ja auch bei SG-1 schon so gut lief. Die in Vancouver produzierte Serie hatte zunehmend auch mit der US-Dollar-Schwäche zu kämpfen, da durch diese (und durch den erstarkten Kanada-Dollar) die Produktion immer teurer wurde. Der Film sollte 2009 gedreht werden. Im April 2011 wurde offiziell bekannt gegeben, dass das Projekt Film nicht mehr starten wird.

Aber Stargate bekam 2009 eine weitere Ablegerserie. „Stargate: Universe“ bekam abermals neue Hauptdarsteller. Aber anstatt mit der bunten Stargate-Welt weiter zu machen, wurde das Produktions-Schema komplett umgesetellt. Es sollte eine weit düstere Serie gezeigt werden, die größtenteils an Bord eines Raumschiffes spielen sollte und sich weit weniger auf Außenmissionen fokussieren sollte. Auch wurde das Tempo der Erzählung massiv entschleunigt. Ebenfalls wurde von der bisherigen stark auf Procedual basierte Erzählweise verzichtet und mehr auf ein Serial mit weit komplexeren Handlungsbögen gesetzt. Die Serie wurde auch stark beeinflusst in der Erzählstruktur durch „Battlestar Galactica“ und zeigt ein weit düsteres Setting, nicht nur in der Ausstattung.

Mittlerweile hatte sich der Sender SciFi in SyFy umbenannt und sein Programm umstrukturiert und anderen Genres gegenüber mehr geöffnet. Was auch bedeutete, dass sie Wrestling als eine neue Programmfarbe aufgenommen hatten. Da dies traditionell bereits auf anderen Sendern gute Quoten am Freitagabend brachte, wurde der SciFi-Friday gekippt und die betroffenen Serien über die anderen Tage verteilt. „Stargate: Universe“ startete zunächst nach dem Wrestling-Programm, wurde dann erst auf den Montag und später auf den Dienstag verlegt, der allerdings auch auf den anderen Sendern in den USA traditionell ein sehr starkes Serien-Programm hat.

Bei den Kritikern kam „Stargate Universe“ im Vorfeld alles andere als gut an, sie fürchteten eine „Soap Opera in Space“, vor allem als bekannt wurde, dass sehr viele junge Charaktere gecastet wurden. Die negative Kritik verstummte aber zum größten Teil, als die Serie dann endlich startete und schließlich lobte man die Entscheidung für einem komplexeren Plot und fremdartigen Außerirdischen (die dank moderner Animationstechnik nun auch ohne Gummimasken-tragende Schauspieler auskamen). Die Serie brauchte einige Zeit, sich in die Herzen der Fans zu bringen.

Und dann wurde sie abgesetzt. Zu geringe Quoten am Ausstrahlungstag. Vielleicht gab es noch weitere Gründe. Irgendwann geht jedes Franchise einmal zu Ende. Aber es ist einfach schön, sagen zu können, dass das Wrestling Schuld war. Dass „der böse Sender“ nur aufs Geld schielte. Letztlich müssen wir aber eine traurige Wahrheit eingestehen: es gibt halt offenbar mehr Leute, die Wrestling regelmäßig schauen wollen.

Es sieht derzeit nicht danach aus, als würde es in naher Zukunft einen Nachfolger für solche Abenteuer in ferner Zukunft auf dem TV-Schirm geben. Vielleicht ist die Zeit von Space-Operas auch erst einmal vorbei. Auch im Filmbereich gibt es derzeit da nichts wirklich begeisterndes. Lediglich im Computerspielebereich hält „Mass Effect“ noch wacker die Fackel hoch. Zeit also, sich selbst Gedanken zu machen, und selbst Space Opera im Rollenspiel zu wagen. Es gab beispielsweise sogar ein wirklich gelungenes und ausbalanciertes „Stargate SG-1“-Rollenspiel, dass viele taktische Elemente aus dem „Spycraft“-System auf d20-Basis in das Serienuniversum übersetzte. Derzeit wohl noch in Rollenspiel-Antiquariaten und bei E-Bay zu bekommen. Und es gibt ja noch andere, auch lebende, Space-Opera-Systeme, darunter beispielsweise das deutsche „NOVA“.

Und jetzt denke ich irgendwie gerade darüber nach, für ein Space-Opera-Setting ein Wrestler-Konzept zu entwickeln …

Ron Müller

Ron Müller

Rollenspieler auf Suche nach neuen staffelübergreifenden Handlungssträngen. Blog: Edieh, Podcast: Ausgespielt.