Über Pen-&-Paper-Rollenspiele und deren Inspirationsquellen
Suche
Close this search box.

Kritik: „The Dark Knight Rises“

Mein geschätzter Ausgespielt-Kollege Roland hat den Film ja bereits letzte Woche bei Ukonio ziemlich zerrissen. Aber was wäre eine Meinung ohne eine zweite Meinung? Richtig, es wäre wie Batman ohne vernünftigen Gegner.

Die Story

„The Dark Knight Rises“-Plakat (Warner Bros.)
„The Dark Knight Rises“-Plakat (Warner Bros.)

Nach den erschreckenden Ereignissen des zweiten Teiles sind nun mehr acht Jahre ins Land gezogen. Bruce Wayne (Christian Bale) ist aus der Öffentlichkeit verschwunden und hat sich gehen lassen – zum Entsetzen seines treuen Butlers Alfred (Michael Caine). Batman ist als Sündenbock untergetaucht und dank der strahlenden Leitfigur Harvey Dent ist das sonst so düstere Gotham so sicher wie lange nicht mehr. Commissioner Gordon (Gary Oldman) ist einer der letzten Vertreter des alten Gothams aber auch er soll bereits nächstes Jahr ersetzt werden, da „in Zeiten des Friedens“ er nicht mehr benötigt wird.

Doch dann taucht der äußerst brutale Söldner Bane (Tom Hardy) scheinbar aus dem Nichts auf und nimmt handstreichartig die gesamte Stadt als Geisel. Für diesen Konflikt muss Batman wieder auf die Füße kommen. Doch dafür braucht er alte wie auch neue Verbündete.

Die Darsteller

Erste Sahne. Mehr muss man eigentlich gar nicht sagen, kann Regisseur Christopher Nolan doch auf die Großzahl der alten Schauspieler-Riege der ersten zwei Filme zurückgreifen. Und die Ergänzungen sind hervorragend ausgewählt.

Überhaupt: Nolan scheint ähnlich wie Joss Whedon ein enges Vertrauensverhältnis mit seinen Schauspielern zu pflegen. Jeder zweite nennenswerter Darsteller aus „Inception“ ist auch hier dabei. Marion Cotillard als Waynes Nicht-Nur-Geschäftspartnerin Miranda Tate. Joseph Gordon-Levitt, dessen Hollywood-Karriere immer mehr aufdreht, gewohnt brillant als Nachwuchspolizist John Blake. Und Tom Hardy als Bane, der seine Bildschirmpräsenz durch die Einschränkung der Maske weniger durch eine komplexe Mimik, sondern durch eine brutale Gestik untermauern muss. Nolan weiß gute Darsteller zu schätzen und sie seine Regiearbeit.

Wesentlich neu im Ensemble ist dann auch nur Anne Hathaway als sexy wie mysteriöse Catwoman. Sie tritt das schwere Erbe einer Michelle Pfeiffer an, die ohne Zweifel einer der Höhepunkte in der 1992-er Verfilmung „Batman Returns“ war (das missratene Spin-Off von 2004 mit Halle Berry ignorieren wir einmal bitte). Aber es gelingt ihr tatsächlich, dem Charakter weit mehr Facetten durch ihr Spiel abzugewinnen, als tatsächlich über diesen erzählt wird. Viele Fragen ihr betreffend bleiben entsprechend offen oder nur angedeutet. Aber allein, wie sie von einem Moment zum anderen ihre „Krallen“ ausfahren vermag oder wie sie vor allem und voran erst mal an sich selbst denkt – würde es ein Spin-Off-Film mit dieser Catwoman geben – ich würde ihn sofort gucken wollen.

Abgerundet wird es mit Nebenauftritten der Gegner aus den ersten beiden Filmen. So wird gleichermaßen auch ein Bogen an den Anfang zurückgeschlagen. Allerdings ignoriert Nolan den von dem verstorbenen Heath Ledger dargestellten Joker, nicht einmal eine Anspielung ist mir aufgefallen. Vielleicht war dies aber auch die einzige richtige Möglichkeit, mit diesem Dilemma umzugehen.

Die Probleme

Ja. Keine Frage, der Film hat auch Schattenseiten und ist mit Sicherheit nicht so brillant wie der zweite Teil der Saga. Einige Plotpunkte sind einfach allzu sehr konstruiert oder fallen zu zufällig und zu bequem für den Plan des Schurken aus (Stichwort unter anderen: „Übungseinsatz“ aller Polizisten in der Kanalisation). Zwar werden viele dieser anfänglich skeptischen Blicke durch eine von mir nicht antizipierte Wendung in Teilen revidiert, aber dennoch entfernt sich Nolan hier tatsächlich leicht von dem, was bisher seine Batman-Filme ausgemacht hatten: den Realismus. Seine Filme waren, im krassen Gegensatz zu den comic-bunten Joel Schumacher-Batman-Filmen, davon geprägt, dass sie in der Tat in einer Welt wie unseren spielen könnten. Hier weicht er davon ab. Aber lange nicht so weit, dass er Schumacher auch nur ansatzweise einholt.

Aber: Wer bitte hat die Abmischung dieser Synchronisation verbrochen? Ich bin eigentlich sonst nicht so audiophil, aber die Stimme von Bösewicht Bane unter der Maske kommt von überall im Raum her – nur nicht von Bane selbst. Dessen Synchronsprecher versucht dann auch noch, durch übertriebene Betonungen einen gewissen Wahnsinn herauszuarbeiten. Ich kann dies nun derzeit nur mit dem Originalton der Trailer vergleichen, und dazu erscheint mir der Abstand riesig. Hier rutscht dies leider ins unfreiwillig Lächerliche hinein.

Das Positive

Der Film, und hier widerspreche ich Roland dann doch, berührt. Er hat einige zumindest für mich unerwartete Wendungen, vor allem in der zweiten Hälfte. Er hat seine tragischen Momente und irgendwie hatte ich auch am Ende ein paar Tränen in den Augen.

„The Dark Knight Rises“ ergießt sich eben nicht in lange Charakterstudien. Catwoman braucht keine Erläuterung ihrer Hintergrundgeschichte – das brauchte der Joker im Film davor auch nicht. Banes Geschichte und alles, was an ihr dranhängt, ist hingegen zwar komplex, aber zumindest für mich nahtlos nachvollziehbar. Auch die deftige Sozialkritik ist vorhanden. Das dünne Band, das uns an die soziale Gemeinschaft bindet und das je zerschnitten werden kann und dann tatsächlich die Anarchie und das Chaos weckt. Gotham wird zu Gomorrha. Und das vor allen durch perfide psychologische Massenmanipulation.

Dazu kommt die sagenhafte Ausstattung des Films. Man merkt, dass hier eben nicht alles mit Computereffekten noch bombastischer werden musste – sondern dass hier der Realismus traditioneller Stunts das Bild prägt. Statt geklonter Statisten sind es reale Menschen, die zu Hunderten sich ins Chaos stürzen. Das ist Kino alter Schule. Auf richtigem Film. Ohne 3D-Schnickschnack. Und untermalt von einem routiniert bombastischen Soundtrack von Hans Zimmer (Bonus-Tipp: der komplette Soundtrack ist derzeit noch beim Empire-Magazine kostenlos anzuhören).

Wie hat sich der Film an der Kinokasse bisher geschlagen?

Positiv. Er hat in den USA das drittbeste Eröffnungswochende aller Zeiten hingelegt und knapp 161 Millionen US-Dollar eingespielt. Allerdings hatte bereits „The Dark Knights“ 158 Millionen im gleichen Zeitraum eingespielt und wurde nun von seinem Nachfolger vom dritten Platz gestoßen. Vor ihnen liegen damit noch „Harry Potter 7.5“ und „The Avengers“, wobei diese beide in 3D gezeigt wurden und damit weit teurere Tickets gerechtfertigt hatten. So kann Warner Bros. erst einmal zufrieden sein.

Fazit

Ja, „The Dark Knight Rises“ ist nicht „The Dark Knight“, hat sicherlich nicht die Brillanz dieses Jahrhundertfilms (derzeit Platz 8 der ewigen Bestenliste aller Filme der Internet-Movie-Database). Wenn man ihn daran misst, muss der Film verlieren. Diese Erwartungen hatte ich an dem Film aber nie gestellt. Dies ist kein Mittelteil, der einen mit einem offenen Mund am Ende dastehen lassen kann. An einem Abschluss müssen ganz andere Kriterien angelegt werden. Ja, der Film erlaubt sich leider ein paar Schnitzer. Aber letztlich bietet er das fulminante Ende einer der herausragendsten Kino-Trilogien, die wir bisher erleben durften.

„The Dark Knight Rises“ (USA 2012) Regie: Christopher Nolan Darsteller: Christian BaleGary OldmanAnne HathawayJoseph Gordon-LevittTom HardyMarion CotillardMorgan FreemanMichael Caine Rollenspiel-Inspirationsfaktor: Sicher schwierig, etwas so episches selbst umzusetzen. Aber einzelne Elemente bieten viel Potenzial, in der einen oder anderen Runde Spannung zu erzeugen.
★★★★☆

Kritiken zu Serien, Filmen und seltener auch Rollen- und Brettspiele …

Picture of Ron Müller

Ron Müller

Rollenspieler auf Suche nach neuen staffelübergreifenden Handlungssträngen. Blog: Edieh, Podcast: Ausgespielt.