Über Pen-&-Paper-Rollenspiele und deren Inspirationsquellen
Suche
Close this search box.

Mini-Dungeon-Crawl für Zwischendurch: Rezension des Würfelspiels „Dungeon Roll“

Ein schnelles Würfelspiel für Dungeon-Crawler und Dungeon-Master, die hier mal nicht kreativ sein müssen – das ursprünglich crowd-finanzierte „Dungeon Roll“ ist bereits in der zweiten Edition bei Pegasus erschienen und war bisher tatsächlich komplett an mir vorbeigegangen.

Darf es noch ein weiterer Verliesraum sein?

Wie viele Würfelspiele ist auch dieses ein „Zock-solange-wie-Du-Dich-traust-aber-wenn-Du-einmal-nicht-werten-kannst-ist-alles-weg“-Spiel (auch bekannt als „Push-your-luck“-Spiel). Der besondere Kniff hier: Der aktive Spieler würfelt nur einmal pro „Abenteuer“ sieben Heldenwürfel, danach würfelt nur noch der aktuelle Dungeon-Master (jeweils ein anderer Spieler) eine Anzahl Monsterwürfel entsprechend des aktuellen Levels im aktuellen Abenteuer.

Da generell jedes Monster mit einem Heldenwürfel bekämpft werden muss und dieser danach für das aktuelle „Abenteuer“ auf den „Friedhof“ kommt, wird das Spiel naturgemäß von Level zu Level schwieriger und der aktive Spieler muss immer abwägen, ob er noch ein Level weitergeht oder aus dem Dungeon flieht sich strategisch zurückzieht.

Die Spielbestandteile (Tableaus sind in der Retail-Version nicht inbegriffen, Foto: Pegasus Spiele)
Die Spielbestandteile (Tableaus sind in der Retail-Version nicht inbegriffen, Foto: Pegasus Spiele)

Aufgelockert wird dieses Spielprinzip durch viele Zusatzfunktionen: Jeder der drei Standard-Helden („Krieger“, „Priester“, „Zauberer“) auf den Heldenwürfeln hat ein Monster, gegen das er besonders effektiv ist: er kann so statt nur ein Monster sogar alle dieser Sorte auf einmal bekämpfen. Der vierte Held auf den Würfeln ist der „Dieb“: Dieser kann Schatztruhen, die man manchmal statt Monster in einem Dungeon findet, besonders effektiv öffnen, denn er kann statt nur eine Truhe gleich alle Truhen öffnen. Dann gibt es den fünften Held, dem „Champion“, welcher tatsächlich eine Art Joker darstellt: Er kann entweder beliebig viele Monster einer Sorte bekämpfen oder beliebig viele Truhen öffnen. Die sechste Seite der Heldenwürfel zeigt schließlich eine Spruchrolle, die eingesetzt werden kann, um beliebig viele Würfel erneut würfeln zu dürfen – egal ob Helden- oder Monsterwürfel.

Auf den Monsterwürfeln gibt es drei verschiedene Monsterarten (Kobolde, Skelette und Schleimwesen), Schatztruhen, Tränke (mit denen man Würfel vom Friedhof zurückbekommen kann) sowie Drachen. Letztere rotten sich in der Drachenhöhle zusammen und kommen erstmal aus dem Spiel. Erst, sobald drei oder mehr dort während eines Abenteuers liegen, kommt der Drache geflogen und kann nur mit einer Gruppe aus drei unterschiedlichen Helden bezwungen werden.

Letztlich gibt es noch Charakterkarten, welche Sonderfähigkeiten bieten, die entweder immer, oder nur einmal pro Abenteuer einsetzbar sind und neben den Schätzen (von denen ebenfalls einige Sonderfähigkeiten bieten) dabei helfen, Erfahrungspunkte zu bekommen. Und nach genau drei Abenteuern pro Mitspieler sind es eben diese, welche über den Sieg entscheiden.

Tolle Umverpackung, schnelles Zockerspiel, aber die Regeln leicht missverständlich

„Dungeon Roll“ ist mit einigen Abstrichen ein gelungenes Erstlingswerk von Chris Darden – und bisher auch sein einziges Spiel, wobei es bereits die ersten Erweiterungen gibt (dazu unten mehr). Es spielt sich angenehm flott und unterhaltsam und hält immer zwei Spieler gleichzeitig beschäftigt. Während die anderen Spieler natürlich mitfiebern und (falsche) Ratschläge geben können, ist es letztlich es aber ein Solitärspiel ohne Interaktion zwischen einzelnen Spielern. Gerade in großen Runden entstehen dadurch zwangsweise längere Pausen, da eine komplette Partie aber selbst nur etwa 30 Minuten dauert, fällt dies nicht so stark ins Gewicht.

Die Mechanik ist schnell erklärt, wird aber durch die Charakterkarten aufgepeppt und variabel. Allerdings sehe ich auch ein paar kleine Probleme im Spiel: Da nur drei Runden standardmäßig gespielt werden, ist es sehr wahrscheinlich, dass ein Spieler, der auch nur eines seiner drei Abenteuer durch einen unglücklichen Wurf (oder durch Überschätzen) vergeigt, aus dem Dungeon fliehen muss und dadurch in der Runde keine EP bekommt, bereits dadurch den Anschluss an den Rest des Feldes komplett verlieren wird. Auch hindert die Tatsache, dass jeder Schatz später potenziell ein EP wert ist, stark daran, diesen überhaupt erst einzusetzen – schließlich bekommt man ja auch überhaupt nur einen einzigen EP pro Eskalationsstufe dazu.

In einigen Punkten ist leider auch die Anleitung etwas diffus oder bleibt unklar: So bekommt man pro Drachenschuppen-Paar (einer der Schätze) zwei zusätzliche EP zu den normalen 1 EP, den man pro nicht-eingesetzten Schatz am Ende des Spiels erhält. Verstanden? Wir zuerst nicht. In meinen Augen eine unnötig komplizierte Regel – es wäre hier einfacher gewesen, würde man einfach einen Zusatz-EP pro Drachenschuppe bekommen, was nahezu auf dasselbe herauslaufen würde und viel einfacher zu handhaben wäre (es macht auch keinen wirklichen Sinn, dies als Herausforderung zu sehen, mehr Schätze zu erobern, da diese ja eher Zufallsprodukte der Würfel sind, die man kaum berechnen kann). Oder wann genau die Heldenfähigkeiten einsetzbar sind: Die Regel spricht einmal davon, dass dies in der Monster-Phase möglich wäre, aber später behauptet sie, es wäre jederzeit möglich (was mehr Sinn zu machen scheint). Und sie lässt auch das Detail vermissen, ob ein herausgelegter Drachenwürfel mit einem neuen ersetzt wird – was öfter bei uns dazu führte, dass wir Runden hatten, in denen einfach rein gar nix passierte. Ich gehe davon aus, dass dies aber tatsächlich so gedacht ist (der aktuelle Dungeonlevel war halt einfach leer gewesen).

Ein großer Pluspunkt ist letztlich die Verpackung: Das gesamte Spiel kommt als Schatzkiste (inkl. Magnetverschluss) daher, in welcher Karten, Marker und Würfel problemlos verstaubar sind. Die zweite Edition von 2016 beinhaltet neben einigen leichten redaktionellen Überarbeitungen der Anleitung ebenso das auch bei Pegasus separat erhältliche „Booster“-Pack „Neue Helden“, welches zwölf weitere Charakterkarten und ein paar neue Schätze (samt Erklärkarten) mit sich bringt. Es fasst damit die englischen Original-Erweiterungen „Dungeon Roll: Hero Booster Pack #1“ sowie „Dungeon Roll: Winter Heroes Pack“ zusammen.

„Dungeon Roll“ bietet ein kompaktes, schnelles und spaßiges Würfelspiel für Zwischendurch und ist dabei weniger komplex als „Munchkin“ und doch strategischer als ein „Can’t Stop“. Als Absacker an einem Spieleabend sicher gut geeignet. Ein Spiel, das ich sicherlich noch das eine oder andere mal hervorholen werde, woran die hübsche Umverpackung mit der Schatzkiste sicher auch einen Anteil hat.
★★★★☆

Offenlegung: Ich habe das Spiel, sowie das Tableau freundlicherweise als Rezensionsexemplar von Pegasus erhalten.

Ron Müller

Ron Müller

Rollenspieler auf Suche nach neuen staffelübergreifenden Handlungssträngen. Blog: Edieh, Podcast: Ausgespielt.