Als ich vor vielen vielen Jahren mit der Rollenspielmeisterei anfing, waren ein Großteil meiner Unterlagen noch rein analog. Als jemand, der tagtäglich mit Computern arbeitet, war es auch einfach angenehm, sozusagen ein anachronistisches Alternativprogramm. Aber irgendwann hatte ich den inneren Hipster überwunden und griff dann doch auf digitale Tools zurück: Man muss ja nicht alles mit Moleskine-Notizbüchern festhalten …
Ich nutze seit Jahren Evernote zur Verwaltung von Notizen, auch im Spielbereich, wo sich, im Gegensatz zu anderen wichtigen Daten, auch keine wirklichen Probleme mit Datensicherheit stellen. Jede Gruppe, die ich meister, besitzt einen eigenen Ordner, in der mehrere Übersichtslisten mit Plots, NSCs und Infos zu den Spielercharakteren existieren. Das für mich Wichtigste dabei: man kann bei Evernote Notizen auch untereinander verlinken. So hat man fast ein kleines Wiki.
Das für mich angenehme an Evernote ist aber, dass ich es über einen Desktop-Client problemlos pflegen kann. Ich pflege das halt lieber direkt am Rechner. Zugreifen kann man dank der Synchronisierung auf allen Geräten auf die selben Datenbestände. Wenn man sich einen Bezahl-Account mietet, werden diese auch offline auf meinem Tablet (und notfalls auch auf meinem Telefon) bereit gehalten – da es immer noch Spielorte gibt, bei denen wir kein WLAN-Zugang haben (wobei das abnimmt).
Ich sortiere dabei das vor allen in drei Bereiche:
Charaktere (und Orte)
In meiner Liste der NSC bspw. sind diese erstmal in Gruppen sortiert, welche den Spielern bekannt sind. Natürlich ist nicht immer alles so, wie es auf den ersten Blick erscheint, auch bei den NSC. Wenn er also heimlich noch in einer anderen Gruppe aktiv ist, gibt es einen Querverweis dazu. Wenn der NSC eine besondere Verknüpfung mit einen anderen NSC aufweist, gibt es einen Querverweis dazu. Wenn ein NSC gerade in einem besonderen Zustand ist (Bein gebrochen, eingesperrt, tot), gibt es einen Querverweis dazu. Manchmal ändert sich da einiges, bisweilen wird der NSC auch an neuer Stelle einsortiert. Manche NSC tauchen auch doppelt auf, bisweilen auch durch einen Alias-Namen geschützt.
Dann hat jeder markante NSC eine eigene Notiz. In dieser ist meist zunächst ein Foto einsortiert, wie ich mir den Charakter vorstelle – das ich dann in zeitgenossischen Rollenspielrunden auch oft den Spielern zeige. In nicht-zeitgenossischen Runden, also in Fantasy- oder SciFi-Runden, verzichte ich meist darauf, da es zu schwierig ist, entsprechende Fotos zu finden, die nicht aus dem Kontext reißen. Weiter findet sich in der Notiz dann einige Infos zu dem Charakter, neben Hintergrundinfos und Motiven sind dies auch bestimmte Manierismen des Charakters und ggf. dessen Sprechweise.
Lange Zeit habe ich auch eine Ort-Liste separat geführt, diese aber nur sehr selten genutzt, da die meisten Orte, die ich nutze, eh an einen oder mehrere NSC gebunden und dort besser beschrieben sind. Einzelne Orte haben aber immer noch extra Notizen. Lagepläne erstelle ich aber tatsächlich nur noch selten.
Aspekte und Regeln
Ich meistere viel Fate, dabei sind dann natürlich die Aspekte wichtig zur Hand zu haben. Diese habe ich für alle SC in einer gemeinsamen Notiz abgelegt. Wenn es irgendwelche besonderen Stunts oder Regeln gibt, welche für einzelne oder alle Charaktere besonders gelten, sind diese hier auch abgelegt, insbesondere Hausregeln. Praktisch hat sich auch eine Liste für die in dem jeweiligen Spiel geltenden Fertigkeiten erwiesen, dies ist für die meisten anderen Systeme auch hilfreich parat zu haben.
Plots und Quests
Die wichtigste Notiz ist die Liste mit Plots. Dabei verwende ich mittlerweile vor allen Checklisten. Ich strukturiere einen Plotstrang dabei erstmal in groben Hauptpunkten, und ergänze dann in einer Ebene tiefer weitere Informationen, welche die Spieler bekommen können. Manche davon sind optional, die klammer ich für mich kurz ein. Ein Beispiel:
Intrige gegen Elaine I ← Ja, ich bin so seltsam und gebe meinen Plots interne Namen.
🗹 Auftrag: „Findet den schimmernden Dolch.“ ← Akt 1
🗹 Szene: Innen, Admiralität von Carleon ← Ort
🗹 Anwesend: Admiral Hank H. Higgins, scheint etwas überrumpelt und probiert das ganze noch zu fassen ← Anwesender NSC
🗹 Anwesend: Mysteriöse Frau (zunächst) im Hintergrund, welche die wahren Strippen zu ziehen scheint (Lady Ciara, Name den Spielern nicht bekannt) ← Anwesender NSC mit Link zu dessen Seite, da wichtiger NSC
🗹 Er sieht aus wie ein Dolch, nur seine Klinge ist wie Perlmutt und er ist leicht wie eine Feder. ← Hintergrundinfo für die Spieler, müssen sie bekommen.
🗹 Er soll sich im Besitz von dem voddacinischen Prinzen Franzesco di Palma in dessen Anwesen in Bernoulli befinden. ← Hintergrundinfo für die Spieler, müssen sie bekommen.
☐ (Der Diebstahl ist rein politisch, di Palma ahnt nicht, welchen Wert der Dolch hat.) ← Optionale Hintergrundinfo, bekommen die Spieler durch passende Interaktion.
🗹 Im Austausch bekommt der Captain das Schiff in seinen Besitz, sowie eine Verlängerung des Kaperbriefs um sieben Jahre. ← Hintergrundinfo für die Spieler, müssen sie bekommen.
🗹 Er soll mit niemanden außer seiner Crew darüber reden und auch dieser nur das wesentliche offenbaren. ← Hintergrundinfo für die Spieler, müssen sie bekommen.
☐ Besucht das Haus von di Palma ← Akt 2
☐ Ein Karneval findet gerade in Bernoulli statt ← Hintergrundinfo für die Spieler, müssen sie bekommen.
☐ Bernoulli wird morgen Abend einen großen Maskenball geben. ← Hintergrundinfo für die Spieler, müssen sie bekommen.
☐ (Einladungen zum Ball der di Palma sind schwer zu bekommen) ← Optionale Hintergrundinfo, bekommen die Spieler durch passende Interaktion.
☐ …
Und so weiter.
Evernotes Checklisten sind zum Abhaken optimiert, d.h. während ich meistere, hake ich die Punkte direkt ab, welche die Spieler bereits haben. Dadurch behalte ich die Übersicht, auch später noch. Nur selten füge ich während ich meistere Notizen hinzu, da ich dazu meist nicht genügend Zeit finde. Das hole ich dann später nach.
Es existieren dabei in der Liste meistens mehr als nur dieser eine Plotstrang, in sofern ist dies auch schon eher eine Art Questbuch. Generell entscheiden meine Spieler, welche Quests sie gerade weiterspielen wollen – wobei ich mir durchaus herausnehme, sie in die eine oder andere Richtung auch mal zu schieben oder eine Quest auch zu starten, wenn es sinnvoll von Seiten der Dramatik erscheint.
Auch gibt es persönliche Quests hier. Ich versuche in der Regel für jeden Spieler mindestens eine persönliche Quest zumindest hier stehen zu haben. Das sind in der Regel zwar eher Sidequests, aber jeder Spieler sollte eine solche haben. Wenn mir hier nichts einfällt, deutet das entweder auf eher passive Spieler hin, oder auf Spieler, die sich per se meist auf die Hauptplots stürzen und eigene Nebenstränge eher ausweichen. Das unterscheiden zu können ist wichtig.
Nach dem Spiel
Nach dem Spiel versuche ich mich immer noch zehn bis dreißig Minuten hinzusetzen, und die Notizen zu ergänzen. Vor allen die Plot-Notizen. Da ich kurz zuvor von meinen Spielern ein Feedback eingefordert habe (das kann ich nur jedem empfehlen, da man dadurch am besten herausfinden kann, wovon die Spieler mehr haben möchten und, ja, auch aus seinen eigenen Fehlern lernen kann) fließt dies auch ein, aber auch natürlich neue Ideen, die spontan während des Spiels entstanden sind.
Vor dem Spiel
Einige Tage vor der nächsten Runde – okay, meist am Abend vorher, ich gebe es ja zu – erweitere ich dann die Plot-Liste. Komplett abgearbeitete Abenteuer archiviere ich oder lösche sie auch bisweilen, wenn ich überzeugt bin, dass dies in Zukunft keine Rolle mehr spielen wird. Ich füge ggf. neue NSC hinzu, pflege Änderungen ein, die ich von meinen Spielern erfahren habe und notiere alles weitere, was ich brauchen könnte.
Alternativen, Probleme und andere Einsatzzwecke
Ich habe einige Alternativen zu Evernote getestet, dabei hat mir Microsofts One Note noch am Besten gefallen und, würde ich mit einen Tablet mit Stifteingabe arbeiten, wäre es wohl auch meine präferierte Methode. Andere, kostenlose Alternativen gibt es zwar auch, meist waren es aber Kleinigkeiten, die mir da nicht gefielen – und die Tatsache, dass ich seit Jahren meine Daten an dieser Stelle bereits eingepflegt habe, tun ein übriges mich zu binden.
Dennoch ist Evernote nicht perfekt, besonders die Formatierungsoptionen sind immer noch eher rudimentär und nur leidlich besser geworden mit der Zeit. Bisweilen würde ich mir hier auch einfach einen einfachen Markdown-Syntax wünschen. Besonders, dass Evernote nicht mit Unterüberschriften in seinem Syntax arbeiten kann, nervt mich als HTML-Kenner. Dazu kommt eine etwas friemelige Bedienung der Texteingabe auf mobilen Endgeräten, bei der zwischen zwei Modi umgeschaltet werden muss (Betrachten und Editieren, wobei man im Betrachen-Modus immerhin noch Häkchen setzen kann). Eine tolle Funktion unter Android ist, dass man sich direkte Links zu einzelnen Notizen auf seinen Homescreen ablegen kann, dadurch habe ich auf meinem alten Nexus-Tablet schnelle Lesezeichen. Dies geht leider auf meinem neueren und größeren Fire-Tablet mit seinem verdongelten Android nicht. Und auch bei den abgelegten Icons ist Evernote leider etwas unzuverlässig: Bisweilen nimmt er dazu ein quadratisches Thumbnail eines der Fotos aus der Notiz, bisweilen bleibt dies aber einfach mit einem leeren Dokument liegen.
Auch als Spieler habe ich mittlerweile all meine aktiven Charakterbögen und Infos in Evernote abgelegt und pflege sie dort weiter. Das hat für mich den unschlagbaren Vorteil, dass ich auf jedem Spielabend zumindest eine Backuplösung dabei habe: Mein Telefon, das, ergänzt mit einer Würfel-App, auch hier sich als Universalwerkzeug erweist.
Wie macht Ihr das? Verwaltet Ihr Eure Notizen als Zettel? Notizbücher? Mappen? Oder auch über elektronische Geräte und, falls ja, über welche Apps?
Ich gebe es ja zu: Bisweilen setze ich dann doch noch auf Papier, Stift und reale Würfel. Das ist halt der kleine Hipster in mir …
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