Über Pen-&-Paper-Rollenspiele und deren Inspirationsquellen
Suche
Close this search box.

Rollenspiel via Skype – nur das Zweitbeste

Durch das (leider von meinem Server verschleppte) Trackback von Edalon wurde ich daran erinnert, dass ich einmal ausführlicher über meine Rollenspiel-via-Skype-Erfahrungen sprechen wollte.

Zur Erinnerung: wir hatten bereits Ende 2007/Anfang 2008 damit experimentiert. In einer Statusübersicht habe ich im März kurz berichtet, dass wir das Skype-Spiel wieder eingestellt haben. Die Gründe dazu möchte ich hier etwas ausführlicher darlegen:

  • Die Technik: Zwar ist die Tonübertragung von Skype wirklich gut, auch in Multiplen Konferenzen, aber bei irgendeinem ist das Mikro immer leicht kaputt, irgendeiner schnaubt regelmäßig rein oder scheint akustisch das Mikro aufzuessen. Mit der Zeit hat man heraus, dass man am besten das Mikro auf Stumm schaltet, wenn man nicht dran ist. Aber dann kommt es im Gegenzug immer wieder zum Vergessen das Mikro anzuschalten, wenn man dran ist – was ebenfalls zu Problemen führt.  Und ein Skype oder gar DSL-Reconnect mitten in einer spannenden Szene ist wirklich nervig.
  • Dazu kommt, dass, sobald mehr als zwei Teilnehmer der Konferenz sprechen wollen, dies aufgrund der Technik nicht mehr möglich ist. Dies ist kein Skype-Problem, sondern liegt daran, dass wir aufgrund der fehlenden räumlichen Ortung Schwierigkeiten haben, die einzelnen Stimmen zu „sortieren“.
  • Die Spielerdisziplin: Jeder ist bei sich zu Hause. Dadurch vervielfachen sich die „externen Störungen“-Wahrscheinlichkeiten, sprich: die Freundin kommt rein und verlangt Streicheleinheiten, der Pizzaservice klingelt, ein Telefonanruf unterbricht, u.s.w.
  • Fehlende non-verbale Kommunikation: Im Gegensatz zum Tisch-Rollenspiel verringern wir uns auf zrei Kommunikationskanäle: die Aussage (konkrete Botschaft) sowie die Stimmlage (emotionale Einschätzung). Non-verbale Kommunikation wie Gestik, Mimik, etc. fällt vollkommen heraus. Dies vermisst man wirklich, die Sozialwissenschaft geht lediglich von einem Anteil von 10–20 % der verbalen Kommunikation an einem Gespräch aus (vgl. Wikipedia). Beim Rollenspiel mag sie aufgrund der geübten Imagination der Spieler, bzw. der Immersion zwar höher sein, aber dennoch fehlt hier ein wichtiger Part. Auch in der Spielorganisation, so gelingt es am Tisch problemlos, einen Kommunikationswunsch mit einem anderen Spieler durch Augenkontakt zu etablieren. Dafür bietet das Skype-Rollenspiel allerdings einen weiteren Kanal: der parallel laufende Gruppenchat sowie Einzelchats. Dieser kann zu kurzen Beschreibungen genutzt werden bis hin zu parallel laufenden Gesprächen.
  • Interaktion wird verringert. Aufgrund der technischen Einschränkungen ist es nur schwer möglich ein wirklich dynamisches Spiel zu erzeugen. Ich persönlich bevorzuge es als Spielleiter, wenn ein Kreuzfeuer zwischen den Spielern entsteht und ich nur von Zeit zu Zeit durch NSCs weitere Impulse beisteuern muss. Ich schreibe es der Technik zu, dass diese Momente beim Skype-Spiel kaum auftraten, stattdessen war es lediglich eine sternförmige Kommunikationsstruktur, d.h. die Kommunikation fand fast völlig zentriert über den Spielleiter statt, eine Vermaschung gab es viel zu wenig.

Sternförmige und Vermaschte Kommunikationsstrukturen

  • Dies bedeutet auch weniger Pausen für mich als Spielleiter. Da ich generell größtenteils Ergebnis-offen meistere (d.h. es gibt zwar vorgefertigte Probleme für die Spieler, aber der Ausgang ist nicht von vornherein vorbestimmt sondern wird durch die Spieler ermittelt), brauche ich zwischenzeitlich kleine Denkpausen, um weiter zu planen. Ich muss die Reaktionen der NSCs auf neue Situationen bedenken, etc. Durch die sternförmige Kommunikation kann ich das leider nicht mehr ausreichend, da ich mich fast ständig auf die Dialoge konzentrieren muss.

Dies sind durchaus wichtige Nachteile, die für mich ein Spiel via Skype wirklich vermiesen. Derzeit habe ich sowohl als Spieler, als auch als Spielleiter genügend Alternativen mit „realem“ Spiel. Als Alternative für Spielrunden, die sich ansonsten aufgrund von Umzügen, etc., komplett zerlegt hätten, ist es aber immer noch gut geeignet. Genauso wie ein gemütliches Gespräch in der Kneipe einem Telefonat sicher von fast jedem vorgezogen wird oder ein Spiel in der Brettspielwelt eine gute Alternative ist, einen realen, gemütlichen Spieleabend aber nicht vollständig ersetzen kann.

Ron Müller

Rollenspieler auf der Suche nach neuen staffelübergreifenden Handlungssträngen.
docron.de

3 Antworten

  1. Hi!

    Auch ich hab schon Erfahrungen im Spiel über Skype gesammelt. In manchen Punkten (externe Störungen, sternförmige Kommunikationsstruktur) kann ich dir zustimmen.

    Dafür ermöglicht das Gespräch über Skype neue Optionen, die sonst nicht gegeben sind. So kann ich als SL den Spielern pers. Nachrichten zukommen lassen, ohne dass die anderen das mitbekommen. Das kann man prima nutzen, um z.B. Beschreibungen für Charaktere zu ergänzen, die besondere Wahrnehmungsvoraussetzungen haben (Magier, Infrarot, etc.)

    Besonders schön war ein anderes Beispiel, in dem die anderen Charaktere nur den Spielercharakter hören konnten, nicht jedoch den anderen Redner (der eine magische Kommunikation verwendete). Ich habe als SL dem Spieler geschrieben und er hat gesprochen, das war eine großartige Szene.

    Dabei ist anzumerken, dass meine Runde sich sehr stark verstreut hat (einer sogar ins Ausland) und das unsere einzige Möglichkeit ist, zu spielen.

    Gruß DeepDreamer

  2. Ich habe bisher noch nicht das Spiel via Skype in der beschriebenen Form ausgetestet. Allerdings wird sich für uns bald eine neue Variante anbieten: Ein Spieler zieht um und kann unserer Spielrunde nicht mehr teilnehmen. Nun wollen wir ihn per Skype mit Webcam zuschalten. Die anderen Spieler sitzen normal am Spieltisch. Gibt es Erfahrungen mit dieser Variante von Rollenspiel via Skype? Die oben beschriebenen Nachteile dürfte hier ja kaum zum Tragen kommen.

  3. Mit Erfahrungen zu einer solchen Variante kann ich leider nur mutmaßen.

    Auf jedem Fall wird die Person am anderen Ende der Leitung technische Schwierigkeiten haben, den Dialogen zu folgen, sobald diese etwas durcheinander gehen. Ihr müsst also ihm gegenüber etwas Kommunikationsdisziplin einplanen.

    Auch die anderen Nachteile sehe ich durchaus noch gegeben, wenn auch verringerter, als bei einer puren Skype-Runde.

    Testet es einfach mal in aller Ruhe und entscheidet dann, ob es für Eure Zwecke ausreicht. Würde mich freuen zu erfahren, was daraus geworden ist.