Rons Filmjahr (und Serienjahr) 2018

Ja, ich bin spät dran. Aber bevor ich heute später wieder mit den Fantastischen Trailern starte, hier noch schnell der Jahresrückblick.

2018 habe ich es nur 28 × ins Kino geschafft, davon in lediglich sechs Pressevorführungen – mehr hat mein Zeitbudget einfach nicht hergegeben. Was auch ein wenig daran liegt, dass ich mittlerweile weiter weg von Hamburg wohne und regelmäßig mindestens vier Stunden (inkl. Anfahrt) für einen Kinobesuch dort freiräumen müsste.  Erfreulicherweise hat sich aber das lokale Multiplex hier entschlossen, auch weiterhin Dienstags Filme im Original zu zeigen und eine kleine, aber illustre Truppe von Freunden hat sich in einer Threema-Truppe organisiert. Deswegen waren wir im letzten Jahr recht häufig am Dienstag dort anzutreffen. Vorsatz für 2019: Das sollte intensiviert werden.

Mein Engagement auf Letterboxd.com ist auch etwas abgekühlt, ich kann noch nicht einmal sagen, warum. Eine Kurzkritik ist schnell geschrieben, aber bei einer Pressevorführung sind oft Sperrfristen zu beachten. Dann schreibe ich die Kritik ins Blog und programmiere sie entsprechend vor und das dann auch noch auf Letterboxd zu veröffentlichen ist irgendwie nervig, denn dort kann man nicht vorprogrammieren. Ich denke, 2019 werde ich weiter meine Kurzkritikensammlungen hier im Blog fokussieren und weiter vorantreiben. Wer weiß, wie lange ein proprietärer, wenn auch sympathischer, Dienst wie Letterboxd überhaupt noch existiert?

Dieses Jahr werfe ich meine Flop-Film-Liste heraus, ich habe einfach nicht genügend Grütz durchgehalten und habe immer noch den Anspruch, dass ich einen Film, bevor ich ihn öffentlich zerreiße, auch gänzlich gesehen haben muss. Dafür gibt es eine Top-5-Liste der besten Serienstaffeln.

Aber zum inhaltlichen: Während letztes Jahr der erste Platz für mich ein absoluter No-Brainer war, stritten sich dieses Jahr in meinem Kopf gleich drei sehr unterschiedliche Filme um den Platz an der Spitze. Vermutlich wird morgen einer der anderen Filme den Platz übernehmen und fairerweise hätte ich vermutlich alle drei auf den ersten Rang einsortieren müssen, aber letztlich musste ich eine Entscheidung treffen.

Die Top-Filme des Jahres 2018

Weitere Nominierte: „Three Billboards Outside Ebbing Missouri“, „Under the Silver Lake“, „Auslöschung“, „Isle of Dogs“ sowie „Your Name“.

Platz 5: „Spider-Man: A New Universe“

Miles Morales war überfällig auf der großen Leinwand anzukommen. (Foto: Sony Pictures)

Schon die ersten Trailer haben mich durch den ungewöhnlichen Animationsstil begeistert, der eigentliche Film ist von vorne bis hinten gelungen. Dabei kann ich nicht einmal sagen, was mir so sehr gefällt hier: Die Story ist eigentlich recht einfach und klassisch strukturiert ohne allzu große Überraschungen, das Voice-Acting ist solide, der Score ist passend aber auch nicht überragend. Hatte ich noch angenommen, dass Nebencharaktere wie Spider-Ham oder Spider-Man Noir nur nervend sein würde – auch hier wurde ich eines Besseren belehrt, selbst diese bekommen kleine Mini-Arcs. Kurz: Es passt einfach alles gut zusammen und ich ging mit einem breiten Grinsen aus dem Film.

Platz 4: „A Quiet Place“

Ich habe lange nicht mehr einen so guten Horror-Film mit einer so einfachen wie brillanten Idee gesehen. Beängstigend und gleichzeitig grandiose Mischung.

Platz 3: „The Favourite“

Starke und schwachen Frauen, auch wenn gerade umgekehrt im Bild. (Rachel Weisz und Olivia Coleman in „The Favourite“, Foto: 20th Century Fox)

Fairerweise: Dieser Film ist noch gar nicht in Deutschland angelaufen, hat aber schon die Festival-Runde beschritten und ich konnte ihn in einer Pressevorführung letztes Jahr noch erwischen. Eine ausführliche Kritik folgt nächste Woche. Kurz gesagt: Ein faszinierend erschreckendes Ränkespiel im pre-viktorianischen England am Hofe der Königin Anne, die in fast allen Bereichen auf Fakten basiert, zugeben obskuren, bei dem auch schon mal eine Ente spazieren geführt wird. Die drei Hauptdarstellerinnen liefern ein grandioses Spiel und der Regisseur liefert erstaunlicherweise seinen konventionellsten Film bisher. Dazu ein grausames Spiel mit Zeichen-Sperrung in den Titeln.

Platz 2: „Avengers: Infinity War“

Auf dem Höhepunkt des Konflikts im letzten Akt des Films kam mir der Gedanke, dass es spannend wäre, wenn die Helden einfach mal versagen würden. Natürlich verwarf ich diese ketzerische Idee umgehend, denn das Hollywood-Blockbuster-Kino würde so etwas nie wagen. Um so breiter wurde mein Grinsen, als sich deutlich offenbarte, dass die Russo-Brüder nicht nur die selbe Idee hatten, sondern auch die Chuzpe, dies auszuführen. Allein dafür muss man diesen Film bereits über den Klee loben, aber dass sie nebenbei auch den Fokus auf den Antagonisten setzen und die Heerschar von fast 30 Helden harmonisch untergebracht bekommen ist einfach eine großartige Leistung.

Platz 1: „Call Me By Your Name“

CALL ME BY YOUR NAME - Trailer A - Ab 1.3.18 im Kino!

Es ist ein leichtfüßiger Film, der wie ein warmer Sommer-Regen über das Gesicht huscht und dabei eine so wunderschöne wie auch tief-traurige Liebesgeschichte zwischen den beiden Protagonisten erzählt. Ich hätte weder Armie Hammer dies zugetraut, noch dem Newcomer Timothée Chalamet. Am Meisten überraschte mich aber Michael Stuhlbarg, der solange im Hintergrund des Filmes als stiller Betrachter verweilt und dann in einer einzigen Szene diese ganze emotionale Wucht in einem Quasi-Monolog aufbringt. Dazu Musik von Sufjan Stevens. Das ist wirklich Filmkunst, die man gesehen haben muss.

Die Top-Serien 2019

Platz 5: „Altered Carbon“ (1. Staffel)

Joel Kinnaman als Takeshi Kovacs (Foto: Netflix)

Ich habe mich auf diese Serie enorm gefreut und war dann enorm enttäuscht – denn ich habe den Roman, auf den diese basiert, bereits vor Jahren mit Begeisterung gelesen und war über dessen starke Änderungen am Grundkonzept (Takeshi hatte eine Beziehung zu Quell? Srsly?) enorm verärgert. Aber, wie das so generell mit Adaptionen in andere Medien ist, muss ich auch zugeben, dass die Umsetzung von Netflix nicht nur mutig, sondern auch visuell grandios war, was gerade mir als Blade Runner-Fan natürlich gefallen muss. Danach war ich aber erstmal überzeugt, dass Netflix auf keinen Fall eine Fortsetzung drehen wird, aber auch hier irrte ich mich. Dafür, dass es sonst quasi außerhalb von Anime keinerlei Cyberpunk, geschweige denn Transhumanismus-Serien gibt, ist dies einfach ein gewaltiger Grund, die Serie nach oben zu hieven, auch wenn sie mit „The Expanse“ knapp eine andere SF-Serie aus der Top 5 verdrängt.

Platz 4: „Der Tatorreiniger“ (7. und letzte Staffel)

Bereits mit der ersten Episode hatte mich dieses Kleinod deutscher Serienkunst 2011 eingefangen. Bisweilen sehr experimentell, sich selbst nicht wiederholend aber immer scharf beobachtet und durch den Hauptcharakter, Schotty (Bjarne Mädel), kongenial umgesetzt. Die letzte Episode gleitet in ein metaphysisches Etwas ab, dass man nicht richtig zu greifen vermag. Aber die eigentliche Idee, einen „normalen Arbeiter“ allein durch seine Aufgaben mit unterschiedlichsten Gesellschaftsschichten zu konfrontieren und dabei in dessen Beobachtungen dieser und auch durch seine eigenen Selbstbeobachtungen auf einem komischen aber auch oft sehr philosophischen Level zu reflektieren, war einfach brillant. Ich werde die Serie vermissen.

Platz 3: „Bodyguard“ (1. Staffel)

Richard Madden empfiehlt sich als neuer Bond (Foto: BBC/Netflix)

Dass Richard Madden nach dieser Serie als nächster James Bond ins Gespräch gekommen ist, verwundert kein Stück. Die Serie versteht es, ihren Protagonisten nicht nur von einer nervenaufreibenden Szene in die nächste actiongeladene zu werfen und, ganz nebenbei, eine spannende Polit-Intrige aufzuspannen. Wirklich großes Kino, nur halt als Serie.

Platz 2: „Better Call Saul“ (4. Staffel)

Getreu dem Credo der Mutter-Serie, den langsamen moralischen Verfall des Protagonisten zu begleiten, können wir hier der allmählichen Transformation von Jimmy McGill in Saul Goodman beiwohnen. Die verläuft faszinierend langsam, aber stetig und war die Darstellung von Bob Odenkirk bereits allein schon beeindruckend, ist es spätestens hier in der vierten Staffel, in der Rhea Seehorn durch ihre Reaktionen dies ganze so glaubhaft wie auch fürchterlich machen. Das ist großes Charakterfernsehen und einfach brillant.

Platz 1: „The Good Place“ (2. Staffel)

The Good Place Official Trailer

Apropos Philosophie und Komik. „The Good Place“ ist derzeit die beste Comedy-Serie im gesamten Fernsehkosmos und wird hierzulande meist irgendwann nachts auf dem Frauensender Sixx versendet. Wenn sie bisher unter Eurem Radar lief: Holt sie nach! Es ist ein Kleinod, über das man am Anfang möglichst wenig wissen sollte, denn was sich im Laufe dort entfaltet ist nicht nur höchst-kreativ, sondern vermeidet es auch kunstvoll, Gags totzureiten. Und sie hat allein schon mit Kristen Bell und Ted Danson zwei der begnadetesten Comedy-Darsteller im Boot, die aber das restliche Ensemble genügend Raum lassen, selbst glänzen zu können.

Ron Müller

Rollenspieler auf der Suche nach neuen staffelübergreifenden Handlungssträngen.
docron.de

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