Harry Potter und die Spoiler

Nein, dieser Beitrag beinhaltet keine Spoiler.

Ganz einfach aus einem Grund: Ich habe es beim sechsten „Harry Potter“-Roman gehasst, als das Ende mir durch einen anderen Blogger verraten wurde, der einfach in seinem Beitragstitel dies herausposaunte. Und auch diesmal kann man anscheinend nicht gefahrlos durchs Internet schreiten. Schon Mitte der letzten Woche ist das hastig abfotografierte Buch im Netz erschienen und die ersten Spoiler bahnten sich ihren Weg. Nun gut, ich habe in knapp sechszehn Stunden den Roman nun hastig durchgelesen, mich kann man also nicht mehr spoilern. Aber allein schon um dem ganzen aus den Weg zu gehen, habe ich diverse Ecken im Internet in den letzten paar Tagen gemieden.

Ich gehöre also zu den Menschen, die sich ungerne spoilern lassen. Wobei ich da schon Unterschiede mache. Bei den „Gilmore Girls“ hatte ich beispielsweise kein Problem damit zu erfahren, was mich nächste Woche erwartet. Bei der Serie ging es mir sehr viel mehr um die Umsetzung, als um die Story selbst. Bei „Lost“ oder „Battlestar Galactica“ vermeide ich jedoch jeden noch so kleinen Spoiler, so gut ich es kann. Und ich werde teilweise durch Story-Twists belohnt, bei dem ich vom Sofa aufspringen muss, „WTF!“ schimpfe und zurückspule um das Ganze nochmal zu sehen. Hätte ich vorher darüber im Internet gelesen – nein, das hätte nicht ansatzweise diesen Effekt gehabt.

Diese „WTF!“-Effekte hatte ich an einigen Stellen im gestern erschienenen Harry Potter Roman auch. Mitfiebern und sich von Wendungen in der Story überraschen lassen, das macht für mich einen großen Stellenwert aus. Aber das sind halt Stoffe, die vor allem durch eine Story faszinieren Dennoch: Nicht jeder mag diese „WTF!“-Situation, und daher gibt es durchaus viele Leute, die erstmal die letzte Seite aufschlagen um zu lesen, wie es ausgeht. Oder denen es schlichtweg egal ist, ob sie schon vorher wissen, was drin vorkommen wird, oder wieder welche, die vorher wissen wollen, ob es sich überhaupt lohnt, das Ganze zu lesen.

Und genau das gleiche treffen wir auch beim Rollenspiel an (ja, das ist mal ein Bogen, was? ;-)). Spieler, die sich völlig auf die Umsetzung ihrer eigenen Figur konzentrieren, den ist es eher egal, welche großen Ereignisse um sie herum passieren, sie machen sich mehr Gedanken darüber, dass ihrer modeverliebten Magierin ein Fingernagel abgebrochen ist und wie sie die Empörung darüber nachher auf dem Ball am besten darstellen können. Manchen von ihnen sind Spoiler sogar durchaus lieb, denn sie können damit bereits vorher sich schon Gedanken darüber machen, wie Ihr Charakter in einer Situation am besten reagieren kann.

Sollte man also diese Art von Rollenspielern vorher mit Spoilern über eine Handlung informieren? Meistens macht man da als SL einen bewusst großen Bogen rum und fährt gut damit. Am ehesten wird man mit dieser Frage konfrontiert, wenn es um Charaktergeheimnisse geht, also Infos, die ein Charakter hat, die anderen jedoch nicht. Schreibt man dies auf einen Zettel? Oder vertraut man darauf, dass die Spieler In- und Outtime-Wissen gut trennen können?

Aber auch die andere Seite der Medaille hat eine Betrachtung verdient: Da hat man einen heftigen Mindfuck mit einem Charakter vor oder will ihn mit auf eine emotionale Achterbahn schicken. Doch der Spieler ist dafür nicht präpariert und blockiert vollkommen. Eine interessante Sache stirbt damit komplett oder eskaliert zu einen Outtimekonflikt. Hätte hier eine Outtime-Info („Hey, ich werde Deinen Charakter heute extrem quälen, ich bin aber überzeugt, dass er dadurch wachsen wird“) helfen können?

Ron Müller

Rollenspieler auf der Suche nach neuen staffelübergreifenden Handlungssträngen.
docron.de