Ein Buch in Einzelfolgen: „The Human Division“ erschließt alternative Publikationswege

Ich bin ein Serienfreak. (Okay, das war keine großartige Erkenntnis.) Und dazu noch einer, der möglichst nah an der Ausstrahlung sein möchte. So kann ich zum einen die Gefahr, gespoilert zu werden, minimieren und zum anderen mich mit anderen Freaks über das gerade Konsumierte austauschen.

Mit dem E-Book „The “B” Team“ fängt alles an. Auch alle weiteren „Folgen“ haben eigene Cover
Mit dem E-Book „The “B” Team“ fängt alles an. Auch alle weiteren „Folgen“ haben eigene Cover

Natürlich schaffe ich es aber nicht, mit meinem Serienkonsum auch wirklich alles zu gucken. Dafür fehlt ganz einfach die Zeit. Daher habe ich viele Perlen verpasst und erst später in Marathon-Sitzungen mit den ganzen Staffelboxen nachgeholt.

Beide Konsumformen haben für mich nach wie vor ihren Reiz. Auch wenn ich das erste in der Regel bevorzuge.

Bei dem Konsum von Büchern war das bisher für mich anders: Dort galt es für mich bisher immer auf den nächsten Roman einer Reihe zu warten. Sozusagen auf die nächste Staffel, denn der Abstand zwischen dem Erscheinen zweier Romane beträgt in der Regel mehrere Monate, manchmal sogar Jahre.

Seit Anfang des Jahres lese ich aber in wöchentlicher Ausstrahlungsform. John Scalzi ist mit „The Human Division“ in sein „Old Man’s War“-Universum zurückgekehrt und hat dabei zusammen mit seinem Verlag eine (vermeintlich) neue und innovative Publikationsform gewählt: Das Buch erscheint häppchenweise, immer ein kleiner in sich abgeschlossener Abschnitt. Vielleicht eine halbe bis dreiviertel Stunde Lesezeit insgesamt. Jeder dieser Abschnitte erscheint als E-Book zum Preis von 99 US-Cent und ist auch über deutsche Anbieter entsprechend preisgünstig zu bekommen.

Und plötzlich habe ich beim Lesen tatsächlich ein ganz anderes Gefühl. Jede Nacht von Montag auf Dienstag erscheint eine neue „Folge“ auf meinem E-Book-Reader. Ich habe dann eine Woche Zeit, diese neue Folge zu lesen. Okay, eigentlich sogar noch länger, denn ich bin ja an keine Ausstrahlungszeit gebunden. Aber wenn ich den Diskussionsthread besuchen möchte, den der Verlag für jede neue „Folge“ im Internet aufmacht, dann sollte ich mich mit dem Lesen sputen. Und genau das erhöht plötzlich meinen Lesespaß deutlich. Wie eine Diskussion über die letzte TV-Episode kann man sich mit den Spekulationen und Interpretationen von anderen nach Lust und Liebe auseinandersetzen und bekommt gleichzeitig auch ein paar Details aufgezeigt, die man selbst so nicht beim ersten Lesen entdeckt hat.

Sicher, der Fortsetzungsroman als solches ist alles andere als Neuland. Und gerade im SF-Bereich gibt es ja auch bereits einiges, wie die Groschenromanreihe „Perry Rhodan“. Aber dies ist schon noch etwas anderes. Der Roman wurde so konzipiert, dass die „Häppchen“ durchaus auch einzeln gelesen werden könnten. Die Geschichte selbst ist solide, führt den Handlungsbogen der bisherigen vier Bücher in sich schlüssig weiter, so weit ich das bisher beurteilen kann. Sie hat mich bisher noch nicht komplett überrascht, aber sie ist gut genug, dass ich mich unterhalten gefühlt habe und mein „Abo“ der kommenden Folgen noch nicht abgebrochen habe.

Am Ende erscheinen alle Einzelepisoden natürlich auch noch als komplettes Buch. Sozusagen als Staffelbox. Ein Vorteil gibt es dann doch noch gegenüber der TV-Serie: Diese Staffel ist bereits fertig produziert, es ist derzeit also sehr unwahrscheinlich, dass sie mittendrin wegen schlechter Quoten abgesetzt wird …

John Scalzi

„The Human Division“.

Englischsprachige Buchserie bei Tor Books in 13 wöchentlich erscheinenden Folgen.

Erste Folge: „The B Team“, E-ISBN: 978-1-4668-3051-6

Ron Müller

Rollenspieler auf der Suche nach neuen staffelübergreifenden Handlungssträngen.
docron.de

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