Ich habe eben Zach Braffs neuen Film „Wish I Was Here“ sehen können. Endlich. Eine Kritik zum Film folgt etwas weiter unten im Text – erstmal muss ich hier über die Rahmenbedingungen dazu etwas Dampf ablassen.
„Garden State“ ist einer meiner Lieblingsfilme
Die TV-Serie „Scrubs“ hat mich nie wirklich begeistern können, ich stolperte eher zufällig über einen kleinen Indie-Film namens „Garden State“ (2004), der von dem Hauptdarsteller der Comedy-Serie, Zach Braff, inszeniert wurde und in dem auch er die Hauptrolle spielte. Um es kurz zu sagen: Ein wunderbarer sympathischer Film.
Als dann im Frühjahr 2013 Braff über die Crowdfunding-Plattform Kickstarter Mitstreiter suchte, um einen weiteren Film zu finanzieren, den er quasi als „Garden State 2“ ankündigte, war ich sofort bereit, zu investieren. Immerhin bot er, im Gegensatz zum Crowdfunding von dem „Veronica Mars“-Film, auch ein paar Unterstützungs-Stufen, die auch für Nicht-US-Amerikaner interessant erschienen. Als einer von 5707 Unterstützern finanzierte ich bereits am ersten Tag des einmonatigen Kickstarters die Stufe „Backer’s Thank You Screening“, in der einen unter anderen eine Vorführung versprochen wurde, mit anschließendem Online-Q&A mit Zach Braff selbst.
Das eigentliche Online Screening im Juli
Anfang Juli erreichte mich dann die Nachricht, dass endlich das Online-Screening stattfinden werde, kurz vor der Premiere in den US-Kinos. Umgerechnet auf unsere Zeitzone würde das Screening am 12. Juli um 2:00 Uhr nachts starten und man könnte jederzeit bis Sonntag um 5:00 Uhr es online starten. Ich hatte am 12. eigentlich was vor, nahm mir aber extra nachts Zeit, um dem beizuwohnen.
Und dann schlug das Geoblocking zu.
Es war quasi die gesamte restliche Welt von diesem Event ausgesperrt. Und schlimmer: Sie hatten es noch nicht einmal vorher angekündigt, sondern einen ins offene Copyright-Unfug-Messer laufen lassen, obwohl sie es offenkundigt vorher wussten.
Geht es noch?
Danach: Vertröstungen. Ich sollte eine Online-Umfrage ausfüllen, in der ich mein Land ihnen verrate, wo ich es denn zu gucken gedenke. Sie meinten, dass sie so schnell wie möglich eine Lösung finden würden. Sie vertrösteten und schwiegen, während online kurze Zeit ein Shitstorm losging aber bald wieder verebbte.
Ich war fassungslos. Mir war klar, dass Braff auch die internationalen Distributoren mit all ihren unterschiedlichen Rechtsgeschichten ins Boot holen musste. Aber wir waren doch die ersten Geldgeber für den Film? Warum sollten ausgerechnet wir das Nachsehen haben? Geht es noch?
Unterdessen starte der Film in den USA und Kanada in den Kinos. Und sogar hier in Deutschland gab es bereits die ersten Pressevorführungen. Ich, der nicht einfach zu einem VPN gegriffen habe um dieses dumme Geoblocking zu umgehen, sondern das Rechte tun wollte, durfte ihn immer noch nicht sehen.
Deutschland verspätet
Über zwei Monate dauerte es, bis der Film dann endlich auch für die deutschen Backer gezeigt wurde. Mittlerweile war das Interesse an dem Film spürbar abgeklungen, die ersten Rezensionen machten klar, dass er nicht an „Garden State“ heranreichen würde, aber ganz nett wäre. Auch mein Interesse war im Keller.
Dennoch habe ich mir heute die Zeit genommen, und tatsächlich konnte ich den Film auch endlich online schauen. Natürlich mit einem fetten Wasserzeichen meiner E-Mail-Adresse in der rechten oberen Ecke, damit ich auch ja nicht auf die Idee käme, den Film rechtswidrig zu kopieren. Und noch viel schlimmer: Mit Zwangs-Untertiteln, die man nicht ausstellen konnte. Sicher ist das für viele eine tolle Sache, aber ich wollte den Film eigentlich einfach nur so genießen, wie er … ach, was rege ich mich auf.
Zach Braff hat es jedenfalls geschafft, dass für mich das Thema Kickstarten von Filmen erstmal gestorben ist.
Der Film: Traumwelten
Aber nun zum Film. Aidan Bloom (Braff) ist ein erfolgloser Schauspieler, der seinen Träumen mit 35 immer noch hinterherjagt, während seine Kinder in der jüdischen Schule aufgezogen werden, für die Aidans tiefgläubiger Vater Gabe (Mandy Patinkin) zahlt. Als Gabe jedoch an Krebs erkrankt und nicht mehr für die Kosten der Schule aufkommen kann, muss Aidan zwangsläufig die Kinder selbst zuhause unterrichten und lernt dabei auch selbst über sich einiges.
Daneben ist seine Ehefrau Sarah (Kate Hudson), die für die Familie ihre eigenen Träume aufgegeben zu haben scheint und Probleme mit einem Mitarbeiter hat, sowie Aidans geekiger Bruder Noah (Josh Gad), der in seiner ganz eigenen Welt lebt und die Bindung zu ihren Vater aufgegeben zu haben scheint.
Die Welt aus einem Aquariumhelm heraus betrachtet
„Wish I Was Here“ zieht all die Register, die „Garden State“ zu einem solchen Kleinod gemacht hatten. Ein erfolgloser Schauspieler, ein sterbendes Familienmitglied, eigentlich feste Familienbande, die auf gleich mehrere Proben gestellt werden und ein toller Indie-Musik-Score.
Aber: Er versucht leider zuviel. Aidan erklärt seinen Kindern in der Mitte des Films, was eine „Erleuchtung“ („Epiphany“) ist. Leider muss in dem Film nicht nur Aidan diese finden, sondern nahezu jeder einzelne der Nebencharaktere auch, sei es Gabe, der feststellen muss, dass er seinen Söhnen nie erzählt hat, dass er stolz auf sie ist, Noah, der sich durch seine Angst nach dem Verlust eines Elternteils vor dem anderen entfremdet hatte, Sarah, die ihre Arbeit nur noch der Sicherheit der Familie halber fortführte oder Tochter Grace, die lernen muss das Leben nicht nur aus Verboten und Geboten bestehen kann.
Es bleibt ein emotionaler Film, der einen an vielen Stellen berühren wird, aber der letztlich einen etwas leer zurücklässt und letztlich durchaus ein „Garden State 2“ sein kann, aber dem Gesagten dort leider nicht viel Neues hinzuzufügen vermag.
“Wish I Was Here” (USA 2014) Regie: Zach Braff Buch: Adam J. Braff, Zach Braff Darsteller: Zach Braff, Kate Hudson, Mandy Patinkin, Josh Gad, Joey King, Pierce Gagnon Score: Tolle Indie-Mischung, kann wie der von „Garden State“ in die regelmäßige Playlist.★★★☆☆
Eine Antwort
Uhh, Mandy Patinkin, auf den fahre ich ab. Lust auf den Film hab ich nicht, Gardenstate könnte ich mir aber vorstellen.