Mit der 26. Staffel von Doctor Who veröffentlicht Pandavision dann auch die dritte und letzte Staffel des siebten Doktors. Zuvor gab es sechs andere Doktoren und meine Rezensionen zu Staffel 24 (2) und Staffel 25. Und ich schreibe diese Einleitung eigentlich nur, damit ich auch die tolle Staffel-Collage zeigen kann, die es auch hier wieder gibt:
„Excalibur’s Vermächtnis“ (sic!, „Battlefield“, vierteiliges Serial/alternativ auch in Spielfilmfassung)
Auch in der 26. Staffel gibt es viel Rückbesinnung auf die lange Geschichte der Serie. Und wieder nimmt sie kaum Rücksicht auf Neueinsteiger und erklärt nicht, wer dieser Brigadier Sir Alistair Gordon Lethbridge-Stewart überhaupt ist, der am Anfang der Episode Pflanzen für seinen Ruhesitz-Garten einkauft. Und auch Bessie wird nicht groß erklärt, wurde aber völlig plotirrelevant eingebaut.
Das Fan-Herz jauchzt und wird gleich verwirrt, da es plötzlich einen weiteren Brigadier gibt: Winifred Bambera ist von UNIT eingesetzt einen Atomraketen-Transport zu überwachen, als plötzlich mit Ancelyn ein Ritter König Artus* auftaucht. Doch er ist nicht allein, seine Gegner sind Mordred und dessen Mutter Morgaine, die ebenfalls aus einer anderen Dimension ihm folgten. Ein erbitterte Krieg um Excalibur, Artus Schwert, beginnt, und das direkt neben eine Atomrakete auszufechten ist keine wirklich gute Idee. Und als sie dann noch den Doctor erblicken, identifizieren sie auch noch ausgerechnet als Merlin …
* Ancelyn wurde als Name für die Serie erfunden, während Mordred, Morgaine und natürlich Excalibur und Artus selbst tatsächlich Teile der Artus-Saga in ihren unzähligen Reinkarnationen sind.
Wie Ben Aaronovitchs erstes Serial in der Staffel zuvor ist auch dieses tatsächlich ein ziemlich großer Spaß. Klar, es gibt wieder ein, zwei Plotlöcher, aber auf der anderen Seite gibt es wirklich gut sitzende Dialoge und gleichzeitig wird die Hintergrundgeschichte von Ace noch etwas vertieft – und sie darf wieder etwas in die Luft sprengen. Herauszuheben ist auch das Maskendesign des „Zerstörers“, das könnte auch heute noch so verwendet werden.
„Ihr Wasser, Sir, 5 Pfund bitte.“ – „Was war das?“ – „Nicht vergessen, wir sind in der Zukunft, Ace!“
Das Serial wurde in Großbritannien auch als Special Edition veröffentlicht, bei der man es neu als Spielfilm geschnitten hatte und diesen um mehrere Minuten verlängerte Szenen sowie einigen besseren Spezialeffekten versehen hatte. Auch dies darf der Besitzer der deutschen Serienbox anschauen, wobei bei die Zusatzszenen lediglich untertitelt sind und teilweise der Übergang zwischen dem Synchron- und Originaltonmaterial etwas holperig ist. Das hätte man aber nur durch eine Neusynchronisation lösen können, was hier aber Unfug gewesen wäre. Herauszuheben ist, wie offen Pandavision mit dieser Problematik umgeht. Als Zuschauer hat man die Wahl zwischen der Original-Version oder der Spielfilm-Version auf jeweils einer eigenen DVD. Besser kann man das nicht lösen.
„Das Haus der tausend Schrecken“ („Ghost Light“, dreiteiliges Serial)
Der Doktor bringt Ace in ein Haus im viktorianischen London. Natürlich entpuppt es sich standesgemäß als Horror-Haus. Und offenbar hat der Doktor einen guten Grund, Ace hierher zu bringen, denn sie verbindet etwas mit diesem Haus – sie wird es als Teenager in über hundert Jahren in der Zukunft abgebrannt haben. Und natürlich ist auch in diesem Haus ein Raumschiff gestrandet, und es gibt Vampir-ähnliche Kreaturen und den letzten Neandertaler.
Man kann den klassischen Doctor Who-Folgen oft vorwerfen, dass sie einen Plot zu sehr auswalzen, diesem Serial hätte etwas mehr Zeit für Erklärung des Plots tatsächlich gut getan, er ist dann doch teilweise sehr verwirrend. Ein Extra auf der DVD hilft dann aber beim Verstehen und unter diesem Licht ist es tatsächlich ein eigentlich sehr guter Plot, der etwas mehr Struktur gut vertragen hätte können.
„Krass!“
Dies war die letzte Folge, die vor der damaligen Absetzung aufgezeichnet wurde, sie wurde allerdings früher gezeigt. In der deutschen Erstausstrahlung wurde sie dann übrigens tatsächlich am Ende gezeigt, warum auch immer. Schön ist dabei das Extra, in dem sich Sylvester McCoy und Sophie Aldred daran erinnern, dass McCoy in der letzten Szene eine kleine, aber sehr sinnvolle Änderung gemacht hatte, mit der er zeigte, dass auch Ace den Doctor beeinflusst hat.
„Die Todesbucht der Wikinger“ („The Curse of Fenric“, vierteiliges Serial/alternativ auch in Spielfilmfassung)
Während des zweiten Weltkriegs landen der Doctor und Ace an der nordenglischen Küste in einer Militärbasis, die ausgerechnet über einem alten Wikingergrab errichtet wurde. Der eigentlich für die Entschlüsselung von Nazi-Codes gedachte Supercomputer der Basis wird dann auch zur Entschlüsselung der Wikinger-Runen benutzt, die eine vergessene Macht schützen sollen – Fenrics Macht. Doch dahinter versteckt sich ein Großer Alter, der einst vom Doktor selbst mit Hilfe eines faszinierenden Schachproblems eingesperrt wurde.
Außerirdische Vampire, Wikingerrelikte, Nazis, Sowjetische Agenten, übermächtige Wesen – das muss ein Doctor Who-Plot sein (oder Indiana Jones wurde noch etwas fantastischer). Aber: Die Geschichte selbst ist auch trotz all dieser wirren Zutaten durchaus unterhaltsam und sticht dadurch hinaus, dass sie vorrangig direkt vor Ort an der Küste gedreht wurde.
Wie bereits „Excalibur’s Vermächtnis“ wurde auch „Die Todesbucht der Wikinger“ neben der normalen Fernsehfassung als vierteiliges Serial auch in einer Spielfilmversion mit zusätzlichen Szenen (12 Minuten), einigen Überarbeitungen und besseren Effekten herausgegeben, die auch hier auf einer weiteren DVD in der Box eingeschlossen ist.
„Der Tod auf leisen Sohlen“ („Survival“, dreiteiliges Serial)
Zuhause auf der Erde will Ace schauen, was ihre alte Gang so treibt, muss aber feststellen, dass diese fast alle verschwunden zu sein scheinen – und für das Verschwinden scheinen Katzen verantwortlich zu sein. Kurze Zeit später werden die beiden auf einen anderen Planeten transportiert, der kurz vor seinem Ende steht, auf dem Katzenmenschen in ständigen Kämpfen verstrickt sind. Und treffen dort auf einen alten Bekannten wieder, der dort die Fäden zieht: Den Meister!
Ja, die Effekte dieser Folge sind schrecklich. Davon abgesehen ist die Folge aber sehr gut gealtert und würde im Prinzip auch heute noch funktionieren und schafft es den Charakterbogen von Ace zu einem schönen Ende zu bringen, auch wenn eigentlich die Produktionsreihenfolge eine andere war. Das war auch beabsichtigt, wie man in der wie immer großartigen Rückschau erfährt, die für die DVD produziert wurde, geplant war, dass Ace zur nächsten Staffel mit einer anderen Companion ausgewechselt würde.
Dazu kam es aber nicht mehr, Doctor Who wurde am Ende der 26. Staffel abgesetzt. Es folgte ein kleiner Versuch, die Serie mit einem neuen Doctor als TV-Film zu starten und erst 2005 sollte dann ein Neustart der Serie einen neuen Schub verschaffen.
„Irgendwo dort oben, brennt jetzt ein Planet, seine Meere kochen und seine Flüsse rasen. Aber bald wir der Rauch verwehen und der Wind wird wieder seine Lieder singen. Lieder des Friedens. Und Lieder der Wildnis. Eine Galaxie weiter wird irgendwo eine Kanne Tee kalt. Für uns beide, Ace, gibt es ’ne Menge zu tun!“
Die Extras
Die Staffel ist insgesamt sehr gelungen und die Box-Veröffentlichung von Pandavision ist wieder perfekt, vor allen durch die zahlreichen Specials und die Spielfilm-Versionen, die alleine schon drei der sieben DVD-Scheiben füllen. Wieder verpasst der deutsche Fan durch die liebevoll gemachte Box nichts gegenüber der englischen Veröffentlichung. Das sollte zwar eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, aber gerade bei Nischenprodukten sind viele Verleger doch leider nur darauf aus, möglichst wenig Aufwand zu haben – aber es gibt, wie hier, rühmliche Ausnahmen.
Ein letzter Rückblick auf meinen ersten Doktor
Erstaunlicherweise habe ich beim Sehen der alten Folgen nur noch wirkliche Erinnerungen an zwei Serials gehabt: „Die Hand des Omega“ und „Der Tod auf leisen Sohlen“. Ich hätte eigentlich mit mehr Erinnerungen gerechnet, aber es ist halt wirklich 25 Jahre her. Und sicher: Aus der Sicht der Spezialeffekte heute ist die Serie nicht gut gealtert, noch schlechter die bewusste Entscheidung der deutschen Synchronisation, Aces Slang mit damaliger deutschen Jugendsprache aufzumotzen. All das „Ätzend!“ und „Krass“ geht irgendwann schon auf den Senkel.
Aber: In allen Punkten gut gealtert ist auch Star Trek nicht, auch Next Generation hat heutzutage schon extrem starke Abnutzungserscheinungen. Dennoch gucke ich gerne auch in diese Serien noch einmal rein, denn neben dem Nostalgietrip kann man auch sehen, woher sich die Serienkultur von heute entwickelt hat. Und Doctor Who ist Kultfernsehen, immer noch sehenswert und wirkt vielfach angenehm entschleunigt. Und man kann noch immer viele Referenzen in der heutigen Serie auf ihre lange Vergangenheit entdecken.
„Doctor Who: Siebter Doktor Volume 3“ erscheint am 24. April 2015 auf DVD. Offenlegung: Ich habe die DVD-Box freundlicherweise als Rezensionsexemplar erhalten.