Burgund ist ein Land des Weins. Auch die Familie von Juliette (Ana Giradot), Jérémie (François Civil) und Jean (Pio Marmai) besitzt ein idyllisches Weingut, das bisher von dem Vater der drei Geschwister bewirtschaftet wurde. Nachdem dieser aber nun im Sterben liegt, müssen sich die drei neu arrangieren. Jean ist eigentlich nur auf einen kurzen Besuch hier, nachdem er sich jahrelang nach Australien abgesetzt hatte und dort ein ganz eigenes Leben aufgebaut hatte. Juliette wiederum hadert mit ihrer neuer Rolle als Leiterin des Weinguts und der junge Vater Jérémie steht zwischen allen Stühlen und will es möglichst allen Recht machen.
Eigentlich wäre die rationale Entscheidung, dass sie das Weingut verkaufen, allein wegen der großen Erbschaftsteuer. Doch damit würden sie auch ihre eigene Vergangenheit aufgeben, eine Vergangenheit, die noch nicht zwischen Ihnen bewältigt ist. Während sie sich gemeinsam um die anstehende Ernte kümmern, brechen einige Emotionen erneut hervor …
Wunden der Vergangenheit
Das französische Kino überrascht doch immer mal wieder mit kleinen, bezaubernden Filmen. Es bietet damit einen idealen Kontrast zum großen Popcorn-Kino. Meist ist es in den sozialen Beziehungen der Charaktere stärker, verzichtet aber aus Budgetgründen auf schöne Bilder. „Der Wein und der Wind“ demonstriert wieder diese Stärke bei seinen Charakteren, vermag aber auch bei den Bildern zu überzeugen. Und das durch einen einfachen Trick: Der Film wurde nicht in ein paar Wochen abgedreht, sondern entstand über einen ganzen Jahresverlauf hinweg. Die Idee, dass der Jahreszeitenwechsel auch im Film widerhallen soll, gelingt dabei ausgezeichnet. Auch visuell: Ein und derselbe Weinberg ändert sich im Verlaufe des Jahres komplett.
Jede Jahreszeit hat ihre eigenen Perspektiven, ihre eigenen Aufgaben und ihre eigenen Emotionen. Und spiegelt so tatsächlich das Leben der drei Geschwister wider, die sich den dreien bei der Übernahme des Weingutes stellt. Es geht um Traditionen, wie das rituelle Trinken und Testen von Weinen, das sich in der Familienkultur verhaftet hat. Aber auch um das Heilen von alten Wunden, die nur mit der Zeit wirklich verblassen können. Dann, wenn sich auch die Umgebung weiterentwickelt hat.
„Die Liebe ist wie der Wein, sie braucht Zeit“
Während der deutsche Verleih eine vorläufige Version des Filmtitels nutzte, wurde der Film im französischem Original „Ce qui nous lie“ genannt. „Was verbindet uns“ ist die Frage und gleichermaßen das zentrale Thema des Films. Drei Geschwister, deren Familienzusammenhalt durch das Verschwinden des großen Bruders Jean und dessen unerklärliches Verhalten zu dem Tod der Mutter zwar noch existiert, aber arg geschwächt ist. Aber auch die Probleme der beiden anderen Geschwister sind greifbar und menschlich. Jeder der drei bekommt einen eigenen Handlungsbogen im Verlauf des Filmes, der am Ende zu einer starken Veränderung jedes einzelnen führt. Und ein klein wenig verändert man sich auch selbst als Zuschauer. Was mehr kann man von einem guten Film erwarten?