Was bisher geschah: Das auf dem Eisfrachter Canterbury gefundene Protomolekül scheint tatsächlich intelligent zu sein. Ausgerechnet Julie Maos Vater ist offenbar in eine tiefgreifende Verschwörung rund um dieses involviert. Währenddessen eskaliert die politische Krise zwischen der stagnierenden Erde, dem militaristischen Mars und der separatistischen OPA des Gürtels. Und die Botschaft, die Holden ausgesandt hat, brachte ihn erstmal mehr Scherereien als Hilfe …
Willkommen in der zweiten Staffel
Was ist das Protomolekül? Woher kommt es? Was hat es vor? All das zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte von „The Expanse“ und man ist seit Julie Maos obskure Metamorphose gleichermaßen schockiert wie fasziniert davon. Doch wie die offensichtliche Bedrohung der White Walker in „Game of Thrones“ sind auch hier die Fraktionen uneins, teilweise unwissend und drehen sich erstmal fleißig weiter um sich selbst.
Der Mars macht dem alten Kriegsgott, nach dem er benannt wurde, alle Ehre und mit Bobbie Draper (Frankie Adams) bekommen wir auch endlich eine neue Identifikationsfigur des roten Planeten. Als Marine-Soldatin mit ihrem Exoskelett-Kampfanzug vermag sie wirklich alles zu rocken. Klar, dass sie erstmal in eine Situation gebracht wird, der diplomatisches Feingespür wichtiger angeraten wäre. Apropos: Chrisjen Avasarala (Shohreh Aghdashloo) verlässt endlich die Erde und steuert selbst auf die Ereignisse im All zu. Wenn auch der Kurs dahin alles andere als direkt ist.
Wenn Serie und Bücher anders getaktet sind
Bereits in den ersten fünf Episoden kommt es zu einem Showdown, dessen Auswirkungen alles, was wir bisher kennen, auf den Kopf stellt. Mal wieder. Ungewöhnlich für eine Erzählstruktur einer Serie, aber nachvollziehbar, da diese doch auf einer Buchreihe basiert und die erste Staffel nur knapp drei-viertel davon umgesetzt hatte. Wobei sie sich auch bereits an Teilen des zweiten Romans, unter anderen mit der Einführung von Chrisjen Avasarala bediente.
Die Tatsache, dass quasi ein Staffel-Cliffhanger bereits so früh am Anfang einer Staffel (die zweite hat 13 Episoden) passiert, ist für den Zuschauer ungewöhnlich, sorgt es doch für eine Durchbrechung von gelernten Erzählstrukturen. Aber es ist deutlich interessanter als das, was Netflix sonst in 13 Episoden-Staffeln erzählen versucht und dabei meist einzelne Geschichten wie Kaugummi auseinander zieht. Letztlich ist den Serienmachern aber zu danken, dass sie eben nicht sklavisch versuchen, die Bücher in ein tradiertes Korsett von fixen Staffeln zu stecken, sondern den Geschichten den Raum zu geben, den sie brauchen. Dass sie dabei auch bis zum Ende der Staffel nicht langweilen, spricht auf jedem Fall für diesen Ansatz.
Basis: Eine Rollenspiel-Kampagne
Interessant wird die Serie aber auch unter einem anderen Fokus: Sie basiert nämlich auf den Büchern zweier Autoren, die hier gemeinsam unter einem Künstlernamen (James S.A. Corey) schreiben, und selbige basiert wiederum auf einer Rollenspiel-Runde dieser. Nicht nur, dass man als Pen-&-Paper-Spieler sehr gerne in dieser spielen würde (derzeit ist tatsächlich ein Rollenspiel-Regelwerk dazu in der Umsetzung und erscheint, finanziert durch einen Kickstarter, demnächst bei Green Ronin), es stellen sich auch so einige Fragen aus der Handlung.
Aber um das gleich vorweg zu sagen: Beide Autoren behaupten, dass die Handlung der Bücher lediglich von ihren Rollenspielrunden inspiriert sei, und vor allen auf dem umfangreichen Hintergrundmaterial basiert, dass Ty Franck über all die Zeit angesammelt hatte.
Dennoch ist es interessant, folgendes Gedankenspiel anzustellen: Geht man davon aus, dass die Protagonisten Spielercharaktere sind, müssten die Spieler von Bobbie Draper und auch Chrisjen Avasarala offenbar erst später dazugekommen sein. Beide tauchen erst in Band 2 in den Büchern auf, in der Serie werden sie schon etwas früher in die Handlung verwoben. Weiter kann man entweder annehmen, dass jeweils ein Teil Ihrer Storys nicht ausgespielt wurden und Hintergründe darstellen, oder als eine Art Welt-der-Dunkelheit-eskes Präludium einzeln ausgespielt worden sind. Denn die Charaktere brauchen einige Zeit, um erstmal beide zusammengebracht zu werden – am Ende der Staffel sind beide auch noch immer nicht mit den anderen relevanten Charakteren zusammengetroffen. Dies scheint für eine Rollenspielrunde ungewöhnlich, da es als Spielleiter meist deutlich einfacher ist, wenn die Charaktere nicht allzu lange voneinander getrennt bleiben.
Fazit: Mehr vom Guten
Die zweite Staffel von „The Expanse“ serviert zum einen wieder einige atemberaubend schöne Bilder. Teilweise sind die Spezialeffekte, gerade was die Schwerelosigkeit angeht, aber auch etwas reduziert – hier merkt man das mangelnde Budget, wenn auch nicht mehr so deutlich wie noch in der ersten Staffel. Es geben sich alle insgesamt wirklich eine große Mühe, die futuristische Welt auch weiterhin optisch faszinierend auszubauen.
Endlich ist nun auch die zweite Staffel von The Expanse auf Blu-ray und DVD erhältlich. Nachdem Netflix die ersten beiden Staffeln zuerst nach Deutschland brachte sind diese beim Streaming-Anbieter nämlich mittlerweile verschwunden. Das hängt damit zusammen, dass die Serie nach der dritten Staffel vom US-Sender SyFy eingestellt wurde und ausgerechnet der Netflix-Konkurrent Prime Video die Serie dann allerdings rettete. Angeblich ist Amazon-Boss Jeff Bezos nämlich selbst großer Fan der Serie. Exklusiv wird diese daher zukünftig dort gestreamt werden, und das wohl auch in Deutschland. Im Moment ist die Serie jedenfalls in keinerlei Streaming-Flatrate vertreten.
Ich will hoffen, dass auch nach der Rettung durch Amazon weiterhin die Staffeln auch als Blu-ray erhältlich sein werden, denn den optischen Vorsprung, den die Blu-ray vor HD-Streams immer noch hat, lohnt sich natürlich auch hier besonders, auch wenn ich es etwas schade finde, dass auf den Scheiben keinerlei Bonusmaterial vorhanden ist.