Everything Will Change

Es ist das Jahr 2054. Ben, Fini und Cherry leben zusammen in einer Wohngemeinschaft. Doch durch einen alten Mann werden sie auf ein seltsames Geschöpf mit einem langen Hals aufmerksam, dass sie nicht kennen: Eine Giraffe. Fasziniert stellen sie fest, dass ihre Welt noch vor wenigen Jahrzehnten von vielen anderen Kreaturen bevölkert war, die mittlerweile offenbar alle ausgestorben sind, und begeben sich auf eine Spurensuche, was denn dieses Artensterben ausgelöst hat. Und sie schmieden einen Plan um mit Hacktivismus dieses Thema in den Medien zu platzieren …

EVERYTHING WILL CHANGE - offizieller Trailer [HD]

Everything Will Change will nicht einfach nur Science-Fiction sein, sonder wirbt mit „Science + Fiction“ auf dem Plakat. In der Tat verweben die Filmemacher:innen hier auch verschiedenste Medienformen: Fiktive Szenen aus der Zukunft, werden mit dem Narrativ einer Märchenerzählerin, realen, mit dokumentarischen Material sowie mit O-Tönen von Wissenschaftler:innen und Filmemacher:innen von heute verwoben.

Das ganze ergänzt eine deutlich schwache und langsame Geschichte mit zusätzlichen interessanten und faszinierenden Ebenen, die zusammen eine durchaus hoffnungsvolle Botschaft transportieren: Wir befinden uns immer noch an einem wichtigen Wendepunkt in der Geschichte, in der das Ruder immer noch herumgerissen werden kann, und das Artensterben aufgehalten werden kann.

Fiction

Bis zu diesem Punkt meandert die Geschichte aber langsam vor sich her und ist in der Grundstruktur völlig simpel: - Protagonist:innen werden auf das Problem aufmerksam. - Protagonisten (ohne Protagonistin) fahren los, um weitere Informationen zu finden. - Protagonisten erklären Protagonistin, was sie verpasst haben. - Protagonist:innen entschließen sich, das Thema medial publik zu machen. - Protagonist:innen scheitern. Protagonist:innen versuchen Plan B.

Das ist dann doch eine sehr simple Storystruktur, die auch leider kaum Spannung erzeugt und noch dazu die Protagonistin nur ausbaut, damit man noch mehr Doku-Material unterbringen kann. Und das ganze wird dann auch noch in Kapitel aufgedröselt, die eine Märchenerzählerin einleitet und kommentiert, letztlich aber kaum etwas beifügt.

Die drei Protagonist:innen laufen etwas ziellos durch die Story und kloben sich die Vergangenheit zusammen (Fotos: Flare Film/Farbfilm Verleih)

Schließlich kommt es noch zu einer kleinen Verbeugung vor Zurück in die Zukunft, aber der begonnene Bogen wird der Fantasie der Zuschauenden überlassen. Das ist deutlich zu wenig für die Handlung eines kompletten fiktiven Films – aber das will dieser Film ja auch gar nicht sein, denn da ist ja noch die Doku-Schiene.

Science

Auf dieser Doku-Ebene funktioniert der Film allerdings und schafft es, aus Archivmaterial und O-Tönen das Szenario eindringlich zu beschreiben. Interessanterweise setzt er die O-Töne der Wissenschaftler:innen (darunter Prof. Dr. Mojib Latif) und der Filmemacher:innen (darunter Wim Wenders) in die Zukunftsretroperspektive. Etwas das diese, nach Aussage des Regisseurs, tatsächlich mit viel Spielfreude umsetzten, was allerdings durch ihren Bekanntheitsgrad für Zuschauende teilweise etwas irritierend ist. Dabei hätte man leicht all dies auch aus unserer heutigen Perspektive durch die Expert:innen schildern lassen können, in dem die Protagonisten dies einfach als Archivmaterial hätte finden können, zumal diese ja auch sich einen Großteil des Films in einem Archiv herumtrieben (das offenbar soviele Räume aufwies, dass all diese Expert:innen dort ihre Statements in unterschiedlichsten Räumen geben konnten).

Insgesamt schafft es der Film also, sein Thema im Doku-Part zu platzieren, scheitert allerdings an der Fiktion drumherum. Dennoch ist gerade die Fusion dieser beiden Erzählmedien innovativ und durchaus faszinierend.

Ron Müller

Rollenspieler auf der Suche nach neuen staffelübergreifenden Handlungssträngen.
docron.de

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