Viktor bringt’s (S01)
Erstaunlich viel Werbung macht Amazon für seine neue Comedy-Serie, die vor allen einen Vergleich nahelegt: Tatortreiniger. Die Prämisse ist auch sehr ähnlich: Kammerspielmäßig trifft ein Handwerker auf unterschiedliche Figuren in unterschiedlichen Häusern und Wohnungen. Größter Unterschied: Hier gibt es meist keine Leichenreste zu putzen, sondern stattdessen Technik auszuliefern. Und das macht nicht eine Figur allein, sondern Viktor (Moritz Bleibtreu) mit seinem Sohn Michael (Enzo Brumm), der eigentlich Mika genannt werden will, was seinen Vater schon von vornherein auf die Nerven geht.
So gibt es jetzt eben zwei Protagonisten, die aus unterschiedlichen Generationen stammen und entsprechend oft aneinandergeraten, aber sich auch über all die Zeit umeinanderkreisen und irgendwie wieder annähern wollen – aber es nicht so einfach schaffen. Diese Rahmenhandlung allein ist schon sehr unterhaltsam, wird aber noch durch unterhaltsame Gaststars (Caroline Peters, Heino Ferch, Daniel Rodic, David Cross, u. a.) und der „Lieferung der Woche“ gut unterfüttert. Zwar ist letzteres immer nur der Aufhänger und meist genauso irrelevant wie der zu reinigende Tatort, aber so entsteht abermals ein bereits in der ersten Staffel äußerst unterhaltsames Kleinod deutscher Serienunterhaltung, dem man noch viele weitere Staffeln wünscht.
Prime Video | 8 Episoden
Star Trek: Discovery (S05)
Ja, die Produktion war quasi schon durch, als die Staffel zur finalen Staffel umdefiniert wurde und aus dem Staffelfinale ein Serienende wurde. Und ja, sie haben da noch einen Epilog an Epilog an Epilog gehängt, dass selbst Herr der Ringe 3 neidisch werden könnte.
Dennoch bleibt für mich ein recht durchwachsenes Fazit über – was aber ehrlicherweise symptomatisch für Discovery ist. Das eine Problem von Discovery ist letztlich, dass sie in jeder Staffel eine Geschichte über all die Episoden ausgedehnt hat und sich dabei oft narrativ verläuft, lange nicht zu Potte kommt, und wenn endlich, dann sich irritierend verzettelt. Das andere Problem ist die komplette Fixierung auf eine Hauptcharakterin anstelle einer Crew. Ja, es gibt eine Crew, aber im Zweifel ist Michael im Fokus. Und meistens leider nur Michael.
Ein Klischee von Star Trek ist es, dass die Crew eines Schiffes immer auch zur Familie wird. Doch während alle anderen Star Trek-Serien es schaffen, allen Hauptfiguren Raum und Geschichten zu geben (zugegebenermaßen auch mal weniger gute – hallo Ensign Kim), bleibt Discovery in aller Regel auf eine einzige Hauptfigur fixiert. Eigentlich hätte die Serie also auch Star Trek: Burnham heißen können.
Dabei gibt es spannende weitere Charaktere, sicherlich angefangen bei (Action-)Saru, über die Beziehung zwischen Culber und Stamets, die Adira quasi adoptieren durften, aber wenn es um die Handlung geht, dürfen diese in Staffel 5 fast nur noch eines: Michael bei der Mission unterstützen. Wenn sie überhaupt noch auftauchen. Adiras Charakter beendet eine langjährige Beziehung quasi nebenbei und darf ansonsten nur noch in Selbstvorwürfe versinken, dass eine Waffe durch noch nicht einmal falsche Entscheidungen an Bord kam – zum Schluss darf Stamets noch einmal bewundern und knuddeln, das war es. Von anderen Brückencharakteren ganz zu schweigen, die gar nicht mehr auftreten durften. Mittlerweile hörte man zwar, dass dies an Terminproblemen lag, aber man warum hat man da nicht zumindest einen One-Liner eingebaut, der ihre Abwesenheit auch in der Serienlogik erklärt?
Davon abgesehen: Discovery ist zumindest optisch auch in der letzten Staffel wieder ein Augenschmaus, nicht nur was die Spezialeffekte angeht, sondern auch auf Seiten der Ausstattung und Detailverliebtheit. Das gleiche kann man akkustisch leider nicht ganz sagen, in einer Besprechungsszene zwischen Burnham und Rayner musste ich die Untertitel dazuschalten, so schlecht abgemischt war die Sprache gegenüber den Umgebungsgeräuschen. Der Score blieb abermals typisch: Nicht dominant im Vordergrund, nicht allzu auffällig, aber routiniert die Szene orchestrierend. Dasselbe gilt auch immer noch für den Vorspann, dessen Titelmusik funktioniert, aber auch nach fünf Staffeln nicht an ein Jerry-Goldsmith-Thema wie bei The Next Generation, Deep Space Nine, Lower Decks oder gar Voyager heranreicht.
So, nachdem all diese Kritik rausmusste: Es war dennoch eine unterhaltsame, abwechslungsreiche fünfte Staffel mit einigen etwas kruden Entscheidungen, aber dennoch im Kern Star Trek. Einige Sachen habe ich gefeiert, wie das Enterprise-Tie-In in der letzten Folge, oder dass sie tatsächlich „der Weg ist das Ziel“ zu einem Plotpunkt machen konnten. Vor allem aber feiere ich, dass aus dieser Serie so viele neue Anknüpfungspunkte für weitere Star-Trek-Projekte wurden, mit denen wir noch Jahre Nachschub bekommen werden. Insofern machte Discovery ihrem Titel alle Ehre.
Paramount+ | 10 Episoden, finale Staffel
Pauline
Eigentlich hatte ja Netflix dieses neue fantastische Serienprojekt aus Deutschland bei der Bild- und Tonfabrik bestellt, die bereits mit How to Sell Drugs Online Fast bewiesen, dass man auch hierzulande hochqualitative, intelligente und unterhaltsame Serienkost jenseits von Standard-Krimiware produzieren kann. Doch dann hatte Netflix offenbar kein Interesse mehr und so sprang doch Disney+ ein und produzierte dieses Kleinod, das mit nur relativ wenig Promotion auskommen musste.
Das zu Unrecht, denn Pauline ist ein höchst unterhaltsamer Stoff für Fans des Übernatürlichen, der erstaunlich genau weiß, was er erzählen möchte und wie er seine Zuschauer immer mal wieder in die Irre führt, und vor allen nicht langweilt. Es fällt oft schwer zu glauben, dass man hier eine deutsche Serie vor sich hat, denn die Serie bedient sich oft an modernen Erzählweisen und Stilmitteln, die man in anderen deutschen Produktionen meist noch immer vermisst.
Disney+ | 6 Episoden, abgeschlossen
Nachweis Beitragsbild: Viktor bringt’s/Amazon MGM Studios
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