Yak hat mich auf das Video „Cooperation and Engagement: What can board games teach us?“ aufmerksam gemacht, ein Mitschnitt einer Präsentation von Matt Leacock, in der er diverse Mechanismen seines Brettspiels „Pandemic“ (dt. „Pandemie“ bei Pegasus Spiele) vorstellt.
In einem Nebensatz (ab etwa 41:50 Minuten) äußert er eine Regel vieler kooperativer Spiele, die mir immer etwas seltsam vorkam. Man darf danach mit den Mitspielern über seine Handkarten soviel reden wie man will – aber diese ihnen nicht einfach offen zeigen. Den einleuchtenden Grund dafür gibt er auch gleich an: auf diese Weise haben erfahrene Spieler nicht die Gelegenheit, das Spiel jederzeit völlig zu überblicken und damit komplett strategisch gegenüber den anderen zu dominieren, sondern jeder hat zumindest einen eigenen Bereich, den er bestreitet. Dadurch bleibt ein Spiel kooperativ und wird nicht zu einer One-Man-Show mit dessen zu Handlangern degradierten Kumpanen.
Das ist letztlich ein Effekt, den man auch häufiger beim Rollenspiel (vor allen in Kampfsituationen) beobachtet. Es ist einerseits durchaus normal, nein, sogar auch erwünscht, dass erfahrene Spieler Tipps weitergeben. Auch dass sie unerfahrene Spieler etwas an die Hand nehmen und ihnen Hinweise zu Strategien und Taktiken geben. Doch häufig driftet so etwas ab und jetzt wird mir auch klar, an welcher Stelle spätestens: wenn nach dem Charakterbogen gefragt wird mit dem Kommentar: „Lass mich doch mal sehen, was Dein Charakter noch so könnte und wir gerade brauchen!“ Das ist dann schon eine Art von Entmündigung und letztlich bekommt der so bevormundete Mitspieler nicht mehr das Gefühl selbst noch dem Spiel etwas beisteuern zu können. Es ist quasi eine Art Railroading durch den Mitspieler, wobei dieser eigentlich nur helfen will (und durch seine taktische Expertise glänzen).
Eine einfache Regel zwischen Spielern kann dagegen schon helfen: Mein Charakterbogen ist heilig – aber ich darf Dir alles davon erzählen.
Und ganz nebenbei kann man auch so noch ein paar Charaktergeheimnisse, die auf dem Bogen vermerkt sind und die anderen Spieler vielleicht nicht wissen sollen, besser verbergen (es soll ja nicht jeder gleich wissen, dass mein Charakter in Wirklichkeit ein Telepath ist) …
2 Antworten
Das Prinzip finde ich gut – werde ich wohl übernehmen :)
Beim EWS haben wir bisher versucht den Charakterbogen stattdessen in zwei Bereiche aufzuteilen: Einen öffentlichen (Charakterbild, Zitate, Beschreibung) und einen privaten mit Werten, etc.
Praktisch ist das einfach ein Faltblatt, das auf einer Außenseite Charakterbild, Zitate, etc. hat., und das die Werte auf die Innenseiten verlegt. Die Rückseite hat dann Notizen (und mir wird gerade klar, dass das bedeutet, dass man anderen die Rückseite eigentlich nicht zeigen sollte).
Wird wohl Zeit, ihn nochmal zu überarbeiten. Vielleicht finde ich einen Weg, die Außenseite komplett für öffentliches zu haben, das jeder beim ersten Blick sieht, während die Innenseite nur private Infos trägt.
Vielleicht wird er aber auch bleiben, wie er ist. Wenn die Spieler ihren Bogen zugeklappt vor sich legen haben wir den Effekt nämlich schon :)
Wir hatten diese Probleme eigentlich nie. Weder bei Pandemie (wo wir seit jeher offen spielen), noch bei Rollenspielen. Dieser Effekt tritt wohl aus zwei Gruenden nicht ein:
Da wir keine Alphas mehr in der Gruppe haben, kann jeder Spieler ohne Bedenken die Variante waehlen, die er fuer am sinnvollsten haelt. Durch den Input saemtlicher Spieler kann er sich dabei ein Bild ueber die breite Menge an Moeglichkeiten machen. Angst vor nachtraeglichen Vorwuerfen muss er sich nicht machen.
Aus diesen Gruenden ist es fuer unsere Gruppe nicht notwendig, ja sogar eher schaedlich, wenn die Spieler spieltechnische Geheimnisse haben. In PvP-Spielen sieht das natuerlich ganz anders aus …
Ich sehe aber natuerlich ein, dass es in Gruppen mit Alphaspielern nicht so einfach ist und dass dort Spielergeheimnisse sinnvoll sein koennen (auch wenn ich erstmal versuchen wuerde, mit den Alphas zu reden).