1984. Eine Reihe von Kindern verschwinden in dem ansonsten so beschaulichen Vorstadt-Idyll von Cape May. Der 15-jährige Davey (Graham Verchere) ist ein Fan von Verschwörungstheorien – immerhin stehen die Häuser dort auch auf einer alten indianischen Grabstätte seiner Meinung nach – und verdächtigt bald seinen Nachbarn Wayne Mackey (Rich Sommer). Dieser ist alleinstehend und ein Polizist. Beides ein guter Grund, den Sommer nicht nur einfach so im Baumhaus zu verbringen, sondern aus diesem eine Einsatzzentrale samt Walkie-Talkies zu machen.
Der Retro-Trend der neon-getünchten 80er Jahre hat nicht nur Netflix mit dessen Überraschungserfolg „Stranger Things“ erobert, auch im Filmbereich wird fleißig auf dieses Pferd gesetzt, mit meist eher mittelmäßigen Erfolg. Die Indie-Produzenten von „Summer of ’84“, die bereits mit „Turbo Kid“ einen respektablen Retro-Erfolg gelandet haben und allesamt nicht sonderliche Erinnerungen an 1984 aufweisen sollten, kennen diese Tropes sehr gut und nutzen sie hier mit Bravour aus.
Natürlich gibt es BMX-Fahrräder, natürlich Walkie-Talkies, natürlich werden vermisste Kinder auf Milchtüten gesucht, natürlich ist es die attraktive Nachbarstochter, welche die Hormone der drei Jungs völlig aus der Bahn wirft und sie immer mal wieder kurz von ihrer Beschattung ablenkt. Selbst die Kameraführung ist spürbar 80er, keine hektische Wackelkamera sondern lange kreative Einstellungen und Übergänge, welche mit einem verliebten Setdesign eingerahmt wird, das nur wenige wirkliche Fehler, wie eine zu neumodische Twister-Verpackung aufweist, ansonsten aber auch Retro-Feeling versprüht.
Ja, der Plot ist nicht neu oder sonderlich kreativ. Wir lernen hier weder Neues über die 80er noch über die Serienmörder-Psyche oder über das Leben von Teenagern zu der Zeit. Die Überraschungen bleiben aus. Aber manchmal ist der Weg das Interessante, zu sehen, wie die Plotpunkte sauber und kreativ zugleich abgearbeitet werden. Und handwerklich ist der Film wirklich gelungen und man merkt den Machern an jeder Stelle ihren Spaß an. Selbst der deutsche Vertrieb Pandastorm Pictures tritt hier (meines Wissens nach) erstmalig mit einem eigenen Retro-Logo an, eine sympathische nette Überraschung – wie auch das filmische Vorwort, das die Filmemacher der Scheibe vorangestellt haben. Und die selbsternannte „Operation Mac-Attack“ bringt dann uns Rollenspielfreaks nochmal besonders zum Grinsen – ist dies doch auch der Name einer Untergrundorganisation im Rollenspiel „Unknown Armies“.
„Summer of ’84“ erfindet das Genre nicht neu, aber genießt und erfüllt die Tropes der 80er-Retrowelle in vollen Zügen und weiß damit vor allen Genre-Fans für sich zu gewinnen.