Sam (Andrew Garfield, „The Amazing Spider-Man“) ist wie so viele andere in LA gestrandet, irgendwo zwischen aufstrebenden Hollywood-Starlets und dem Grabstein von Hitchcock. Als er eines Abends im Pool seiner Apartmentanlage eine hübsche junge Frau beim Baden mit ihrem Hund beobachtet, beschafft er sich ein paar Hundekekse, um sich ihr nähern zu können. Der Plan gelingt tatsächlich, aber am nächsten Morgen ist die Frau unerwartet verschwunden, fast all ihre Sachen und Möbel mit ihr. Hat dieser Pirat damit etwas zu tun, der immer wieder auftaucht? Oder vielleicht dieser Verrückte, der Hunde überall in der Nachbarschaft tötet? Sam begibt sich auf eine selbstzerstörerische Suche …
Es gibt wenig Filme, die es schaffen, in nahezu jede Szene einen WTF-Moment einzubauen und dennoch nicht nach kurzer Zeit wie ein Kartenhaus in sich zusammenzubrechen. „Under the Silver Lake“ schafft es. Der Neo-Noir-Film, bei dem der Protagonist einen Großteil der Zeit damit verbringt, Figuren aus Hitchcock-Filmen unbewusst zu zitieren, ist genauso durchgeknallt wie brillant und verspielt gleichermaßen. Neben unerwarteten Wendungen verzaubert der Film vor allen durch sein Setting unterhalb Hollywoods. Hier erscheint die Traumfabrik gerade noch so erreichbar. Diese Illusion kann aber jederzeit wie Seifenblasen zerplatzen und man kann jeden Moment aus dem Apartment geworfen werden.
Aber zurück zur Handlung. Auch diese ist verworren und scheint lange Zeit alles andere als geradlinig – und ich sehe hier viele Zuschauer entnervt aufgeben. Wer aber ein wenig das Durchhaltevermögen des Protagonisten aufbringt, wird tatsächlich mit einer zwar durchgeknallten, aber in dem Setting durchaus stimmigen Auflösung belohnt. Auf dem Weg dahin passiert man aber so vielen skurrilen Nebencharakteren (einschließlich einem König der Obdachlosen, einer Jesus und die Bräute von Dracula sowie dem Schreiber von jedem verdammten Top-Hit) dass man gar nicht merkt, wie simpel die Handlung eigentlich tatsächlich ist: Mann sucht verschwundene Frau, findet Hinweise, kombiniert diese und findet schließlich zu sich selbst. Neo-Noir in einer Nussschale.
Es ist vor allen aber Garfield, der den Film tragen kann und abermals beweißt, dass er sich von der klebrigen Spider-Man-Rolle lösen konnte. Seinem Sam nimmt man die Hartnäckigkeit und Tollpatschigkeit genauso ab wie die nerdige Verbohrtheit, mit der er auch die obskursten Hinweise zu dechiffrieren vermag. Und gleichzeitig mehrfach in dem Film nackt herumlaufen und dabei alle Frauen erobern vermag.
Kaum raus aus dem Kino, will man den Film ein weiteres mal sehen, nur um all die Zitate und Details zu entdecken, von denen man überzeugt ist, dass man sie beim ersten Mal übersehen haben muss. Oder um noch eine weitere wilde Theorie abzuklären. „Under the Silver Lake“ ist einer dieser Filme, die entweder in ein paar Jahren komplett vergessen oder immer noch ein absoluter Kultfilm sind. Ich tendiere zum letzteren und schau schon mal, ob ich noch eine Original-Playboy-Ausgabe vom Juli 1970 irgendwo her bekomme, die nicht nur im Filmplakat zitiert wird …