Das Haus (Filmkritik)

Ein Ehepaar erreicht mit einem selbstfahrenden Wassertaxi ein abgelegenes Haus im See, vollautomatisiert und luxuriös ausgestattet. Johann Hellström (Tobias Moretti) zieht sich gerade hier in sein Ferienhaus zurück, da er in Deutschland nach einer Machtergreifung von Neo-Faschisten nicht mehr als Journalist frei agieren darf.

Hier, abgeschottet von der Außenwelt und zusätzlich durch das Wasser isoliert, fühlt er sich sicher. Seine Frau Lucia (Valery Tscheplanowa) schwelgt zunächst noch scheinbar in Erinnerungen, aber auch an ihr ist dieser politische Rechtsruck nicht spurlos vorbeigegangen, zumal sie sich zuletzt noch als Anwältin für Regime-Gegner engagiert hatte.

Doch in der eigentlich gewollten Isolation der beiden gibt es auch noch dieses moderne Haus, das darauf programmiert ist, möglichst alle Eventualitäten vorherzusehen. Und dies reagiert plötzlich sehr eigentümlich …

"Das Haus" - OFFICIAL TRAILER - KINOSTART 07.10.2021

KI auf der Insel

Basierend auf einer Kurzgeschichte von Dirk Kurbjuweit inszeniert Regisseur Rick Ostermann einen KI-Thriller, der sich nur sehr langsam entwickelt und die Insel kaum verlässt – tatsächlich wirken dadurch ein paar wenige Szenen, die einen gläsernen Redaktionsraum zeigen sollen, fast etwas wie Fremdkörper.

Ziel der Produzenten war nach eigener Aussage, eine ähnliche Atmosphäre wie eine Black Mirror-Episode zu erreichen. Die Grundzutaten sind dafür auch da: Heimautomatisierung als etwas, das wir zunehmend in unseren Alltag lassen ohne oft die problematischen Facetten durchzudenken. Wenn, wie bei mir vorgestern, nachts eine Lampe sich nicht ausschaltet, ist der Schaden nur auf meine Stromrechnung begrenzt. Schlüssellose Türen hingegen, die sich automatisch für uns öffnen sind zwar auf dem ersten Blick sehr praktisch – aber was macht man, wenn ein solches System einmal nicht mehr funktioniert? Eine Rückfall-Lösung ist wichtig und auch in jedem ordentlichen Heimautomatisierungsystem eingeplant – auch ein Keyless-Auto hat im Transponder immer noch einen Notschlüssel versteckt.

Noch fühlt das gerade ins Haus geflüchtete Ehepaar sich sicher (Tobias Moretti, Valery Tscheplanowa, Foto: Andreas Schlieter)

Protagonist ohne Hände

Das Haus selbst oder besser die Automatisierung dieses ist also klar ein weiterer Protagonist des Filmes, dessen Motivation aber leider nur sehr kurz erläutert wird. Klar, nicht jeder Plotpunkt in einem Film muss entsprechend breit ausgewalzt werden, bis auch die letzten diesen verstanden haben. So wird das Haus aber dann doch weniger zum intendierten Akteur als zur Naturgewalt, deren Motive man nur erahnen kann. Was bei einer KI aber letztlich auch wieder realitätsnäher sein mag, als wir es gerne mögen würden.

Das Haus, welches, wie immer wieder betont wird, trotz offenkundiger Netzanbindung nicht von außen beeinflusst werde, versucht seine Bewohner sowohl subtil als auch recht offensichtlich zu manipulieren, doch in seinen Aktionsmöglichkeiten ist es letztlich dann doch begrenzt. Dies ist kein Actionthriller mit Verteidigungssytemen eines futuristischen Hauses, sondern die Funktionalitäten des Smart Homes sind auch mit heutiger Technik bereits generell nachbaubar.

Problematischer im dem sonst sehr stylischen Kammerspiel ist jedoch, dass die politische Dimension des Films mit dem neo-faschistischen Deutschland immer weiter nur zu einer Randnotiz gerät, die kurze Zeit eine Art Katalysatorfunktion inne hat und dann leider in der Sauna vergessen wird.

Ron Müller

Rollenspieler auf der Suche nach neuen staffelübergreifenden Handlungssträngen.
docron.de

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