Okay, das war … ähm … seltsam!
Oscars so spoilered
Die Idee, dass man ein Teil der unpopuläreren Rubriken bereits eine Stunde vorher verleiht und dann als Filmschnipsel einspielt, klang charmant – führte aber dazu, dass man bereits während der Veranstaltung gespoilert wurde. Hans Zimmer gewinnt den Oscar für die beste Filmmusik bei Dune – das freut mich sehr, noch mehr hätte mich aber gefreut, das nicht schon viele Minuten vorher zu wissen.
Spoiler sind Mist! Und wenn diese auch noch vom ZDF als Eilmeldung kommen, noch größer! Wobei ich dabei vor allen den Veranstaltern den schwarzen Peter zuschiebe, immerhin haben die nicht nur nicht dichtgehalten, sondern das Ganze bereits selbst laut in die Welt gespoilert. Wer hat denn das bitte für eine gute Idee gehalten?
Auch etwas kurios: Ein offenkundlich vorproduzierter Clip, in dem Chris Evans für seinen Synchronjob in Lightyear wirbt und dabei am Anfang dem gerade erst ausgezeichneten Troy Kotsur gratuliert. Hat er das für alle fünf Kandidaten aufgenommen? Den Trailer bekamen wir dann auch nicht zu sehen, sondern stattdessen andere Trailer …
Oscars so green
Die Eröffnungsnummer mit Beyonce – okay, ich muss ihre Popmusik nicht mögen, aber, was hatte sie in diesem hellgrünen Kleid auf hellgrünen Tennisplatz mit hellgrünen Wänden auszusagen? Das war einfach nur quietschig.
Meine Befürchtung, dass das restliche Setdesign dann auch in diesem Pastell-Grün oder anderen Pastell-Tönen sein würde, wurde aber nicht bestätigt. Stattdessen gab es eine tolle Hommage an die James-Bond-Filme, das richtig edel im Kodak Theatre wirkte.
Oscars so Snyder
Eine andere Neuerung: Eine Top 5 der Jubelmomente in Filmen, über die das Publikum vorher abgestimmt hatte. Dabei gewann ausgerechnet Justice League, bei dem die Zack Snyder Fanboys offenbar eine ordentliche Kampagne aufgebaut hatten. Ehrlich? Justice League? Ist das hier der MTV Movie Award?
Und dann gleich nochmal: Snyders Army of the Dead soll der Fan Favorite Movie of the Year sein? Mit dem erfolgreichsten Kassenschlager weit abgeschlagen?
Nein, ich bin kein Snyder-Hater. Er ist ein herausragender Handwerker, der großartige Spezialeffekte und Wow-Momente auf den Bildschirm zaubern kann. Er hat einiges für das Genre getan. Aber der Fan Favorite-Film? Wenn das eines beweist, dann eins: Abstimmungen im Internet sind vor Manipulationen nicht gefeit!
Meine Tipps
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Doch, damit kann ich wieder zufrieden sein. Vor allen hat Dune ordentlich abgestaubt, was mich sehr glücklich macht. In mehreren Kategorien hätte ich zwar lieber andere Gewinner gesehen, aber beim Tipp geht es ja nicht um die persönliche Meinung, sondern um die Einschätzung, wie die Academy abstimmen wird.
Comedy Oscars
Gelungener war, was die drei Moderatorinnen angestellt haben. Sie besannen sich auf klassische Tugenden, wie den Eröffnungsdialogen und vorproduzierte Nummern, bei denen sie gut austeilten, dabei aber bei dem ungewöhnlichen Filmmuseumsbesuch gleichzeitig auch einiges an Nostalgie komödiantisch einbauten.
Leider machten sie sich im weiteren Verlauf der Show, wie viele ihrer Vorgänger:innen, wieder deutlich rarer. Immerhin hat Amy Schumer eine kleine Spitze noch anbringen können und damit die Stimmung deutlich aufheitern können, denn …
Will Smith
Chris Rock hätte es für mich nicht wieder sein müssen. Er war einmal Oscar-Präsentator und hatte mich damals schon überhaupt nicht überzeugt. Ich teile einfach seinen Humor nicht. Und bin damit offenbar auch nicht allein, denn Will Smiths Eskalation (der Schlag in Chris Rocks Gesicht kam mir noch zunächst geschauspielt vor, die F-Bombs danach passten aber überhaupt nicht mehr dazu) danach war sehr cringe-würdig und vermutlich nicht abgesprochen, da er zweimal das F-Wort platzen ließ, was zumindest in unserer Übertragung nicht einmal gebeept wurde.
Will Smiths emotionale Rede später, bei der er sich für den Ausbruch vorher entschuldigte, war dann ein sehr unangenehmer Moment. Er hat damit zwar das vorherige einigermaßen wieder gut gemacht und es auch eingeordnet, aber bleibt ein seltsamer Nachgeschmack übrig.
Letztlich wird dieser Ausbruch aber den Oscars medial nutzen.
Besser Erinnern
Gelungen war dann das In-Memorian-Segment, dank eines gut aufgelegten Gospel-Chors und Sprecher:innen für die Toten, darunter Bill Murray zu Ivan Reitman, dessen gemeinsame Karrieren so eng verzahnt waren. Das war gleichermaßen würdevoll wie auch endlich mehr als nur sentimental. Und durch den Kniff, nicht alle Verstorbenen zu zeigen, sondern auf eine Website dazu zu verweisen, auch gegen die Kritik gefeit, man habe jemanden vergessen, was zuvor eigentlich jedes Jahr passierte.
Die Preisträger:innen
Die beste Rede hielt Troy Kotsur, bei dem schon das Publikum vorher durch den kollektiven Applaus in ASL ein großartiges Gefühl der Inklusion verbreitete. Diese Momente, wenn jemand zu der Bühne geht, sind halt auch wichtig – und sorgten bei mir für einen Gänsehaut-Moment (mein Tweet dazu wurde dann sogar von ProSieben retweetet).
Auch Hamaguchi Ryusuke, der Regisseur von Drive My Car, der es schaffte die Rauswerfer-Musik einmal (aber nicht ein weiteres mal) abzuwürgen unterhielt. Und sogar Kostümdesignerin Jenny Beavan wusste mit sehr britischen Humor zu unterhalten.
Die politischen Oscars
Der Krieg in der Ukraine spielte dann doch in die Oscars hinein – wenn auch nur in Form von drei eingeblendeten Tafeln, bei dem man sich durch #StandWithUkraine solidarisch zeigen soll. Das kam dann doch eher als ein Feigenblatt herüber, zumal es einfach vor einen Werbeblock geklatsch wurde (der hierzulande immerhin nur mit Trailern ausgefüllt wurde). Da war selbst der kleine Nachsatz von Francis Ford Copolla nach seiner Dankesrede zur Ukraine gewichtiger.
Jessica Chastain setzt dann immerhin noch ein kleines Zeichen für LGBTQ+-Rechte, was aber durch den Auftritt von der Legende Liza Minelli an der Seite von Lady Gaga, welche den letzten Preis des Abends präsentieren, schnell in den Schatten gestellt wird.
Der beste Film
Ja, ich hatte auch auf The Power of the Dog gesetzt, freue mich aber auch für Coda – zumal es ein zauberhaftes Bild war, als die Dankesrede tatsächlich mehrfach simultan übersetzt wurde. Insgesamt ein Jahr, in dem die Streamingdienste sich deutlich aus den Schatten erhoben haben und bewiesen, dass dort zukünftig mehr und mehr auch die großen Filme erwartet werden müssen.
Eine Antwort
Danke für’s Teilen deiner Eindrücke. Ich selbst kann mir leider nicht mehr die Oscarnächte um die Ohren schlagen, daher ist das sehr willkommen! :)