Ellie (Kirsten Dunst, Spider-Man) ist eine abgebrühte und berühmte Kriegsfotografin, die über einen Krieg berichten darf, der in ihrem Zuhause angekommen ist: Nachdem sich zwei Staaten aus den Vereinten Staaten von Amerika lösen wollen, tobt fast überall im Land ein neuer Bürgerkrieg.
Gemeinsam mit Reporter Joel (Wagner Moura, Narcos), der Nachwuchsfotografin Jessie (Cailee Spaeny, Priscilla) die in Ellie ihr großes Vorbild sieht und Sammy (Stephen McKinley Henderson, Dune), Mentor der anderen, Veteran und emotionales Zentrum, machen sie sich auf, zu dem Zentrum des ganzen zu reisen: Washington DC. Genau dort, wo die Kriegsfronten besonders hart aufeinandertreffen, denn der Präsident (Nick Offerman, DEVS) hat sich dort im Weißen Haus verschanzt.
Angriff ohne Erklärung
Nur wenig war überhaupt über das neue Filmprojekt von Regisseur Alex Garland (Ex Machina) bekannt, als im Dezember ein erster Trailer auftauchte. Natürlich wurden sofort Vergleiche mit den Ereignissen des Sturms auf das Capitol im Januar 2021 angestellt – auch Mutmaßungen, dass es hier irgendwo noch eine Alien-Invasion oder ähnliches fantastisches irgendwo im Hintergrund lauern würde, lagen bei der Filmografie des Regisseurs durchaus nahe.
Tatsächlich sind all diese Überlegungen für diesen Film völlig unnötig, denn: der genaue Hintergrund wird einfach nicht verraten. Es gibt noch nicht einmal Info-Dumps, in denen dem Zuschauer durch schlechte Dialoge etwas erklärt wird. Stattdessen fokussiert sich der Film nahezu gleich auf seine Kriegsreporter:innen und begleitet diese auf einem Roadtrip durch eine unwirkliche, aber leider dennoch allzu realistische USA, in der ein neuer Bürgerkrieg ausgebrochen ist und das Recht des Stärkeren regiert.
Dies ist also weniger politisches Statement, als eine aufwendig produzierte Episode von Aaron Sorkins The Newsroom über Reporter in einem Kriegsgebiet. Nur, dass dieses Kriegsgebiet mitten in den USA liegt. Wer Interesse an einer komplexen Hintergrundgeschichte hat, erfahren möchte, wie es zu diesem Konflikt überhaupt kam, wird also arg enttäuscht werden. Ja, einzelne Versatzstücke tauchen immer mal wieder kurz in Dialogfetzen auf, umfangreich erklärt wird es jedoch nie. Der Film verlässt sich darauf, dass sein Publikum intelligent genug ist und sich aus immer wieder fallenden Begriffen oder einer US-Fahne, auf der nur zwei (statt 50) Sterne auftauchen, das Richtige selbst zusammenreimt.
Keine Seite, aber doch Position
Doch ist das tatsächlich ein Versäumnis des Filmes? Tatsächlich fällt es so dem Zuschauer eben auch schwer, eine Partei zu ergreifen. Es gibt hier nicht die richtige oder die falsche Seite. Wie seine Protagonisten als Presse unparteiisch sein sollten und sich weder auf die Seite der Separatisten, noch auf die des bisherigen Präsidenten schlagen sollten, ist man es gezwungenermaßen selbst nun auch. Das ist vom Filmemacher tatsächlich so beabsichtigt.
Der der Präsident kämpft gegen die „Western Forces“, Texas und Kalifornien, die sich offenbar von den USA lossagen möchten – und denen sich offenbar auch Florida angeschlossen hat oder anschließen will oder irgendwie. Auch die Parteizugehörigkeit des Präsidenten spielt keine Rolle, wird, wenn ich richtig aufgepasst habe, noch nicht einmal genannt.
Hier geht es halt mal nicht um extreme politische Positionen links und rechts, hier geht es um Separatisten und was ein Präsident bereit ist in Kauf zu nehmen, um diese davon abzuhalten. Der Film schafft es, in der derzeit stark aufgeladenen politischen Verfahrenheit der USA selbst eben keine direkte Position zu beziehen. Aber eine starke indirekte: Denn den Bürgerkrieg, den wir zu sehen kriegen, sollte keine Partei wollen. Letztlich geht es doch um Fanatismus.
Roadtrip durch ein Kriegsgebiet
Die Stärke des Films ist sicherlich die Truppe, die sich durch ein kaputtes Amerika auf einen Roadtrip begibt. Allesamt Kriegsreporter. Bis auf die Neue sind sie alle abgebrüht und abgestumpft und so liegt es meist an der Perspektive von Nachwuchsfotografin Jessie uns durch die Kriegsschrecken zu führen. Tatsächlich tut sie dies mit ihrer Linse, die immer wieder einzelne Bilder im scharfen, kontrastreichen Schwarzweiß einfängt.
Jessie hat das Hobby Foto von ihrem Vater wie dessen Kamera übernommen und entwickelt ihre analogen Bilder noch selber – ein narrativer Versuch, sie in eine alte Tradition zu stellen, die jedoch deplatziert wirkt, stellt sich doch gleich die Frage, wie sie unterwegs eine Dunkelkammer improvisiert, denn die mitgeführten Chemikalien allein reichen für diese analoge Kunst eben nicht aus. Jessie soll so wohl trotz ihrer jungen Natur als entschleunigtes, Element des Alten gelten. Was übrig bleibt, sind aber nur ihre Fotos, die immer wieder einige Sekunden überlebensgroß auf der Kinoleinwand eingeblendet werden, während für diesen Moment die oft schreckliche Tonkulisse einmal kurz verstummt. Durchatmen kann man dadurch aber kaum.
Im Kontrast dazu ist Ellie, grandios dargestellt von Dunst. Sie ist in einem Arbeitsmodus gefangen, aus dem sie nur in wenigen selten Momenten herausbricht. Es liegt auf ihren Schultern, die Geschichte zu tragen, tatsächlich ist sie die Heldin des Films, jedenfalls wenn es in einem solch düsteren Setting überhaupt eine solche Figur geben mag. Sie ist abgestumpft, die meisten Gräuel des Krieges sind für sie Alltag, sie darf dies nicht an sich heranlassen und macht dies gleich am Anfang auch Jessie klar. Dennoch gelingt es ihrer Azubi dann eben doch immer wieder, zu ihr durchzustoßen, ihre abgekapselten Emotionen aufzubrechen. Dunst gelingt es über den ganzen Film tatsächlich gleichermaßen eine Entwicklung ihres Charakters zu zeigen, wie es auch Jessie macht, wenn auch in die andere Richtung.
Fazit
Man kann argumentieren, dass der Film nicht wirklich Neues zeigt und sich vor eine Positionierung in der derzeitigen politischen Situation Amerikas drückt. Tatsächlich positioniert er sich aber dann doch und bleibt mit seinen eindrucksvollen Bildern lange im Gedächtnis und ist daher ein harter, aber absolut sehenswerter Film.
Header-Foto: A24 / DCM
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