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Ein Zocker-Roadmovie – „Dirty Trip“ (Blu-ray-Kritik)

Der unverbesserliche Zocker Gerry (Ben Mendelsohn, „Bloodline“) hat sich mittlerweile bei allen Bekannten und Gerade-mal-so-Bekannten hoffnungslos verschuldet, kann aber immer noch nicht von seiner Spielsucht lassen oder sich selbst endlich ein Casino-Verbot einrichten lassen. Er ist ein absoluter Looser, der immer alles setzen will, um zu gewinnen und dabei auch seine Ex-Frau mehrfach bestiehlt und seine Tochter vernachlässigt.

Für Gerry zählt nur das Gewinnen (Ben Mendelsohn, Foto: Ascot Elite)
Für Gerry zählt nur das Gewinnen (Ben Mendelsohn, Foto: Ascot Elite)

Sein Karma-Gegenteil ist Curtis (Ryan Reynolds, „Deadpool“). Der Frauenheld und Herumtreiber weiß nicht wirklich, was er mit seinem Leben anfangen soll. Ihm ist das Glück generell hold und ihm fällt vieles einfach so in den Schoß. Für Gerry ist Curtis ein absoluter Glücksbringer, endlich gibt es etwas Hoffnung, dass durch ihn seine Pechsträhne abbricht. Für Curtis ist Gerry faszinierend, aus irgendeinen Grund sind es die kaputten Typen, mit denen er sich umgeben muss.

Gemeinsam entschließen sie sich, beim großen Pokerspiel in New Orleans mitzumachen, doch dafür brauchen sie ein hohes Startgeld. Das müssen sie sich erstmal erspielen, und so verbinden sie die Autoreise dem Mississippi herunter damit, die Provinzrennbahnen und Hinterhof-Casinos der kleinen Orte abzuklappern. Ein langer und anstrengender Road-Trip für zwei sehr unterschiedliche Charaktere.

„Dirty Trip – Mississippi Grind“ (Trailer Deutsch HD)

Ein Show-Case für Ben Mendelsohn

Ben Mendelsohn ist in Filmen leider meist nur als Antagonist gesetzt (in „The Dark Knight Rises“ spielte er beispielsweise den schleimigen und intriganten Geschäftsrivalen John Daggett), dabei ist er ein wirklich herausragender Charakter-Darsteller, wie er unter anderem in der Serie „Bloodline“ (Netflix) beweisen konnte, in der er locker Kyle Chandler an die Wand zu spielen vermochte.

Auch hier mimt er einen durch und durch gebrochenen Antihelden, ein Arschloch, das durch seine Fehler der Vergangenheit verzehrt wird, aber unfähig ist, sich zu bessern. Gerade durch diese Vielschichtigkeit in seinem Spiel lässt er seine Co-Darsteller, allen voran den eigentlich in der Hollywood-Hackordnung weit über ihm stehenden Ryan Reynolds, um Längen hinter sich. Dabei ist Reynolds Leistung in diesem Film gar nicht schlecht (gegenüber so einigen mittelmäßigen Filmen, die er in letzter Zeit abgeliefert hatte), aber Mendelsohns Darstellerkunst arbeitet einfach allein durch seine detaillierte Mimik und Gestik auf einem so weit höheren Level, dass man sich fragen muss, warum er bisher keine größeren Rollen angeboten bekam.

Ganz anders Curtis: Er ist von Verlierergestalten angezogen (Ryan Reynolds, Foto: Ascot Elite)
Ganz anders Curtis: Er ist von Verlierergestalten angezogen (Ryan Reynolds, Foto: Ascot Elite)

„Dirty Trip“ ist kein Heist-Film – auch wenn der US-Originaltitel „Mississippi Grind“ es vielleicht missverständlicherweise andeutet. Er ist auch kein verkleideter Action-Film, wie der thematisch verwandte Jason Statham-Film „Wild Card“. Er ist ein Film der kleinen Momente und Nuancen, der durch das langsame Entfalten der Charakterhintergründe im Zusammenspiel mit unterschiedlichsten Figuren aus der Provinz Amerikas gewinnt, und letztlich somit ein klassisches Road-Movie: ein Porträt zweier sehr unterschiedlicher Charaktere unterwegs durch das dreckige Amerika.

Blu-Ray-Cover
Blu-Ray-Cover
„Dirty Trip“ („Mississippi Grind“, USA 2015) Regie und Buch: Anna Boden, Ryan Fleck Darsteller: Ben Mendelsohn, Ryan Reynolds Extras: Trailer, Featurettes über Mendelsohn, Reynolds, die Darsteller und Regisseure, Making-Of, Interview mit Ryan Reynolds
★★★★☆

„Dirty Trip“ erscheint am 01.12.2015 bei Ascot Elite auf DVD, Blu-Ray und VoD. Offenlegung: Ich habe die Blu-Ray freundlicherweise als Rezensionsexemplar erhalten.

Kritiken zu Serien, Filmen und seltener auch Rollen- und Brettspiele …

Ron Müller

Ron Müller

Rollenspieler auf Suche nach neuen staffelübergreifenden Handlungssträngen. Blog: Edieh, Podcast: Ausgespielt.