Agatha All Along
Die Ablegerserie von Wandavision versucht sich zuerst an einem Encore, indem sie die US-Adaption skandinavischer Krimis imitiert. Doch während man sich schon mental auf weitere Wiederholungen dieser narrativen Struktur der Mutterserie einzustellen versucht, wird dies auch bereits durch Teen (Joe Locke) aufgebrochen, dessen Auftauchen nicht nur alle eingeweihten Fanherzen höherschlagen lässt, sondern auch unerwartet früh diesen Bann bricht und damit die Show in vermeintlich neue Richtungen weiterziehen lässt. Womit wir leider keine weiteren solchen wunderbaren Fake-Vorspänne mehr bekommen.
Auffällig ist aber durch die Bank die großartige Ausstattung der Serie: Man scheint fast völlig auf praktische Effekte zu setzen und der Verzicht auf virtuelle Sets macht sich tatsächlich positiv bemerkbar und die Serie wirkt so deutlich haptischer. Dies ist aber auch konsequent für diese Geschichte und bringt dabei auch eine wunderbar inszenierte Optik mit sich. Denn auch wenn keine großen Volume-Welten mehr im Hintergrund herum wabern, tut es durch Nebelmaschinen-generierte oder durch aufgespannte giftgrüne Laken dargestellte „Wände“ gerade für eine Geschichte über Hexen doch so viel stimmungsvoller.
Folge 1x07 ist dann auch noch eine nahezu perfekte Episode, die nicht nur narrativ, sondern auch handwerklich auf Höchstform läuft. Tatsächlich ist die gesamte Serie in sich logisch konstruiert und verzichtet auf Ablenkungsmanöver für Fans. Das bedeutet zwar, dass sich vieles bereits vorher zusammenreimen lässt, aber das bedeutet nicht, dass man Spaß dabei haben kann, dass etwas tatsächlich auch so ist, wie gedacht. Wichtiger ist, dass es gut vorbereitet wurde.
Und das ist vielleicht dann auch der einzige wirkliche Kritikpunkt: Die Serie ist vor allem eine Vorbereitung auf Kommendes. Aber das sind jetzt Bereiche des Marvel Universums, auf die ich mich wirklich freue.
9 Episoden | Disney+
Sunny
Es gibt Serienkonzepte, die kann man einfach nicht einfach in einem Fahrstuhl-Pitch erklären. Sunny beispielsweise: In einem Japan in einer nahen Zukunft verliert eine Frau Ehemann und Kind bei einem Flugzeugabsturz und stellt erstaunt fest, dass ihr Mann ihr einen Haushaltsroboter hinterlassen hat. Sie kann ihn erst nicht leiden, später doch, und muss sich mit ihm zusammen durch die kulturellen japanischen Seltsamkeiten schlagen, während sie eigentlich zu trauern versucht und ihre Schwiegermutter ihr dabei sowohl im Weg als auch zur Seite steht.
Nein, Sunny ist keine einfach zu beschreibende Serie, aber mit Sicherheit eine faszinierende. Das liegt nicht nur an Rashida Jones, die nicht nur perfekt in diese Rolle passt, sondern auch daran, dass ein Roboter mit starrer Gestik und comichafter Display-Mimik, dennoch viel an Emotionalität vermitteln kann. Ebenfalls setzt die Serie gezielt auf Untertitel für alle japanischen Parts, was sie auch nicht sonderlich zugänglich macht. Doch der Culture Clash in ihr fasziniert irgendwie dann doch, genährt durch die japanische Kultur, wie auch der Frage, wie wir mit Robotern zusammenleben können oder überhaupt wollen, und den fantastischen Kulissen.
10 Episoden | Apple TV+
Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht (S02)
Es ist zugegeben mehrere Jahrzehnte her, als ich die Trilogie gelesen habe und anderthalb Jahrzehnte, als ich die Filme im Kino noch groß feierte. Aber die grundsätzliche Idee der Ringe der Macht hatte ich natürlich noch im Hinterkopf – sie sind die zentrale Idee der Bücher, die magischen Ringe, die große Macht verleihen, aber letztlich von einem, dem einen Ring abhängig waren. Die Serie soll nun, wenn man vom Titel ausgeht, die Geschichte der Ringe erzählen – und scheitert leider genau an einer zentralen Frage dabei: Wie sieht diese Macht, die die Ringe verleihen, eigentlich genau aus?
Ich erinnere nicht mehr, ob Tolkien dazu je konkret wurde oder es einfach nur mit Andeutungen beließ, ich tippe auf letzteres. Klar, Gollums Ring konnte unsichtbar machen, aber haben wir noch mehr Macht gesehen? In dieser Serie reichen aber Andeutungen leider nicht mehr aus, hier muss durchaus gezeigt werden. Das Prinzip „Show, don’t tell“ sollte jedem Showrunner bekannt sein. Um so erschreckender, dass auch hier die Serie sich zurückhält. Stattdessen zeigt sie in abermals großartigem Setdesign, tollen Darsteller:innen und einem monumentalen Score viel – erzählt aber immer noch viel zu wenig. Die in der ersten Staffel aufgebauten Charaktere treffen sich immer noch lange nicht, irren weiter durch die unterschiedlichen Regionen Mittelerdes. Klar, man kann Handlungen so zerteilen und unterschiedliche parallel erzählen, was ja auch Game of Thrones eindrucksvoll lange bewies. Aber dazu müssen die einzelnen Handlungen auch alle gleichermaßen interessant sein. Sauron intrigiert und verführt, seine Szenen mit Celebrimbor sind auch allgemein gut inszeniert, aber Galadriel darf eigentlich nur herumgrummeln und sich einen der Ringe krallen.
Das verschenkte Potenzial dieser Serie frustriert enorm – weder erfreut sie die Hard-Core-Buchfans mit Werkstreue, noch schafft sie es, einfache Zuschauer einfach nur zu unterhalten. Man möchte sie gerade wegen all ihrer Schauwerte eigentlich mögen, aber sie ist einfach nur … langweilig. Und so bleibt selbst die Auflösung, wer denn dieser Wanderer ist, schal. Denn quasi jeder Zuschauer seit dem Eintreffen wusste dies und hat es vielleicht nur verworfen, weil man die Showrunner nicht für so platt halten würde.
8 Episoden | Prime Video
Beitragsbild aus Agatha All Along: Foto von Chuck Zlotnick © MARVEL 2024
8 Antworten
Moin @docron,
bei „Ringe der Macht“ kann ich dir leider nur zustimmen. Ich hab’s gerade erst gesehen und mich ständig gefragt was die Serie mit eigentlich erzählen will.
@filmeundserien
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